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Steph Curry als GOAT? Warum Shaq es sich zu leicht macht
- Veröffentlicht: 13.03.2025
- 08:51 Uhr
- Ole Frerks
Seit einigen Wochen tritt Stephen Curry revitalisiert auf und hat unter anderem Shaquille O’Neal wieder einmal zum Schwärmen verleitet, der den Warriors-Star nun auch in der GOAT-Konversation aufgezählt haben möchte. Was das genau bedeuten soll, ist und bleibt jedoch Auslegungssache …
von Ole Frerks,
Vor nicht allzu langer Zeit waren die Konversationen noch andere. Ob die Ära von Stephen Curry und den Warriors durch sei, beispielsweise. Ob es eine sinnvolle Strategie der NBA (Sonntag, 16. März, 1:15 Uhr: New York Knicks at Golden State Warriors live auf ProSieben MAXX, Joyn, ran.de und in der ran-App) sei, ihre zwei alternden Aushängeschilder Curry und LeBron James ins Zentrum aller Marketingstrategien zu stellen, obwohl ihre Teams mit dem Titelrennen nichts mehr zu tun hatten.
Dann kam der Februar. Dann kamen die Trades – und damit die Relevanz zurück, sowohl bei LeBron als auch bei Curry. Dessen Warriors haben seit dem Trade für Jimmy Butler zwölf von 14 Spielen gewonnen und können noch vom Heimvorteil in Runde eins träumen. Und Curry ist wieder Curry: 29,9 Punkte, 69% True Shooting und 6,1 Assists legt er seit dem Trade auf und wirkt befreit, hungrig und selbstbewusst wie seit Jahren nicht mehr. Über die vergangenen Wochen trat Curry wieder wie ein Top-5-Spieler auf, mitnichten wie ein altes Eisen.
Das Wichtigste in Kürze
NBA-Legende Shaquille O’Neal wünscht sich rund um Curry nun andere Konversationen. Mehr noch: "Ich verlange, dass ihr Fans damit anfangt, Stephen Curry in die GOAT-Konversation aufzunehmen", sagte Shaq vergangene Woche bei "TNT". "Ich habe gegen Mike gespielt, mit Kobe, mit und gegen LeBron. Sie sind alle großartig, aber an irgendeinem Punkt müssen wir Steph Curry in diese Kategorie aufnehmen."
Draymond Green und Steve Kerr, beide nicht direkt unparteiisch natürlich, haben ihm seither beigepflichtet. Vorgetragen wurde das Ganze wie ein kontroverses Statement. Aber ist es das tatsächlich? Nun, es kommt auf den Blickwinkel an.
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Niemand bezeichnet Curry als GOAT
Wichtig ist zunächst zu betonen: Niemand hat wirklich gesagt, Curry sei der Größte aller Zeiten, stehe über Jordan, LeBron, Kareem, Shaq, wem auch immer. In der "Konversation" solle er sein – aber wie diese Konversation aussieht, wurde nicht spezifiziert. Bedeutet es … Curry ist Top 5? Top 10? Top 15? Das wird nicht unbedingt dazugesagt.
Im Prinzip bedeutet "in der Konversation" gar nicht so viel; das zeigten über die letzten Jahre unter anderem viele MVP-Rennen, wo über den Verlauf einer Saison mehr Kandidaten "in der Konversation" auftauchten als die All-NBA-Teams Plätze boten. In diesem Fall wirkt es wie ein Prädikat für die besondere Karriere, die Curry zweifellos hinlegt. Mehr eigentlich nicht.
Konkreten Diskussionsstoff böte eher die Frage, wo Curry denn Stand jetzt rangieren sollte. Auf das schwammige "in der Konversation" kann man sich vielleicht einigen, aber bei diesem Thema wird nahezu jeder eine andere Antwort haben, da jeder unterschiedliche Dinge unterschiedlich gewichtet. Versuchen wir es mal zunächst, diese unterschiedlichen Dinge einzeln zu betrachten.
Der offensive GOAT?
Niemand wird heute noch ernsthaft anzweifeln, dass Curry der beste Shooter der NBA-Geschichte ist (und niemand wird ihn als den besten Two-Way-Player bezeichnen). Ist er vielleicht auch der beste Scorer oder Offensivspieler? Diesen Fragen kann man sich dann bereits auf unterschiedlichen Wegen nähern.
Curry führte die Liga zweimal beim Scoring an, sein Karriere-Schnitt von 24,7 Punkten liegt All-Time aktuell auf Platz 20. Seine Effizienz ist sein bestes Argument; relativ zur Liga liegt Curry über seine Karriere bei der True Shooting Percentage 13% über dem jeweiligen Liga-Durchschnitt. Unter den Volume-Scorern der Geschichte ist das einer der absolut besten Werte.
Zum Vergleich: Kobe (+3%), Bird (+5%), MJ (+6%) oder LeBron (+8%) lagen klar drunter. Nah kamen ihm Shaq (+11% - wenn die Freiwürfe nicht gewesen wären …), Jerry West (+12%), Kevin Durant und Wilt Chamberlain (+13%) – und der König dieser Disziplin ist Kareem Abdul-Jabbar (+14%), ein Mensch, der einen halben Muggsy Bogues größer ist als Curry.
Das ist eine illustre Gesellschaft, zu der Curry mit seinen 1,88m eigentlich nicht gehören sollte. Dieses Problem wurde ihm und den Dubs in Playoff-Runs bisweilen schon vorgeführt, selbst wenn es historisch manchmal überhöht wurde; er konnte Spiele nicht physisch dominieren, nicht in jeder Situation Würfe erzwingen wie seine athletischeren, größeren Konkurrenten.
Curry vs. KD: Welcher Impact wird bevorzugt?
Oder Mitspieler, in Durants Fall. Als Curry und KD bei den Warriors zusammenspielten, bezeichnete Kerr selbst Durant aus diesem Grund als den besseren Spieler. "Es ist eine unterschiedliche Art von Impact für KD und Steph möglich", sagte Kerr damals im Lowe Post. "Es ist diese Kombination aus Fähigkeiten und schierer physischer Macht."
Auch wenn das stimmte – es gibt zwei Seiten der Medaille. KD ist der bessere Verteidiger und der bessere Isolation-Scorer, ohne Zweifel. In den gemeinsamen Jahren sind die Warriors jedoch stets besser gewesen, wenn Curry ohne KD spielte, als andersherum – und Curry konnte KD (und anderen) das Leben auf dem Court erleichtern, wie es sonst noch nie jemand konnte.
"Kevin Durant, einer der besten Scorer, die wir je gesehen haben, bekam komplett offene Dunks, weil Steph Curry auf dem Flügel stand", erklärte Green vor kurzem. "Es gibt niemanden in der Geschichte der Liga, gegen den Teams so geplant und verteidigt haben wie gegen Steph."
Es ist diese Gravity, die Curry abhebt; wie viele offene Layups seine Mitspieler im Lauf seiner Karriere dank der Angst vor seinem Wurf erhalten haben, lässt sich schwer quantifizieren. Außer vielleicht mit dem Offensiv-Rating – Curry und KD liegen hier über die Karriere beide bei 118, Durant hatte seine beste Saison nach dieser Metrik allerdings in Stephs Ökosystem, während die Warriors auch ohne ihn mehrere der besten Saisons der Geschichte hinlegen konnten.
Peak und Langlebigkeit
Currys 15/16er Saison, die ihm den ersten und bisher einzigen einstimmigen MVP-Award der NBA-Geschichte einbrachte, bleibt eine historische Anomalie, womöglich die beste individuelle Scoring-Saison der Geschichte, in der er als Topscorer der Liga auch der effizienteste Spieler von allen war, was vor oder nach ihm noch niemand geschafft hat.
Statistiken wie Value Over Replacement Player (Platz 19) oder Box Plus/Minus (9) sehen sie generell als eine der besten Saisons überhaupt an. Den besten Peak kann Curry dennoch nicht für sich reklamieren, nicht zuletzt deshalb, weil sich sein Team 2016 durch KDs Ankunft veränderte und dadurch auch seine Produktion runterging.
Beim VORP etwa haben Jordan (7) und LeBron (5) jeweils mehrere Top-20-Saisons, Steph hat eine. Auch für seine Karriere ist diese Spielzeit eine Anomalie, selbst wenn er noch weitere MVP-würdige Saisons hinlegte.
Der GOAT in Sachen Langlebigkeit wird Curry auch nicht werden, selbst wenn er mit fast 37 immer noch ein Top-10-Spieler ist und noch einige gute Jahre haben sollte. Zu Beginn seiner Karriere verpasste er viel Zeit wegen Knöchelproblemen, All-Star wurde er erst im fünften Jahr – folglich sind seine kumulierten Karriere-Stats und -Awards zwar beeindruckend, aber abgesehen von den Dreiern in der Regel keine Top-5-Werte.
Most skilled?
Kerr hat dann noch ein weiteres Fass aufgemacht. "Wenn man diese Konversationen führt, geht man automatisch zu diesen genetischen Wundern wie LeBron, Jordan und Wilt und wem auch immer. Steph passt da nicht rein", sagte der Coach. "Von den Skills her ist es nicht einmal knapp. Curry ist der Größte aller Zeiten in Sachen Skills."
Ein Problem dabei: Noch im vergangenen Sommer sagte Kerr als Coach von Team USA, Durant sei der "most skilled" Basketballspieler, den er je gesehen habe. Curry hat Argumente dafür, am meisten aus seinem Talent gemacht zu haben, solche Argumente haben aber eigentlich alle der größten Legenden, von ein paar Ausnahmen (Shaq!!!) abgesehen.
Ohnehin sind Skills nicht gleich Skills. Curry ist offensichtlich nicht der beste Athlet, überirdisch begabt ist er trotzdem; er ist einer der besten Ballhandler der Geschichte, der beste Shooter aus dem Dribbling UND off the catch, dazu neben Jokic und Bird vermutlich der König der Hand-Auge-Koordination. Seine Kondition ist beinahe einzigartig.
Ist das mehr wert oder überhaupt "mehr" als das Skillpaket, das beispielsweise Jokic mitbringt? Oder LeBron, Kobe, Durant? Skills ist in Sachen Basketball ähnlich schwammig wie das Wort Konversation, wie Giannis Antetokounmpo kürzlich veranschaulichte: "Es ist auch ein Skill, hart zu spielen." Das stimmt. "Most skilled" ist das, was jeder daraus machen möchte.
GOHT statt GOAT
Genau wie das GOAT-Thema, im Prinzip. Was eigentlich sowieso der falsche Ansatz ist – die Liga hat sich nicht zuletzt dank Spielern wie Curry so massiv verändert, dass es keinen Sinn ergibt, ihn mit dem ersten MVP-Guard Bob Cousy zu vergleichen, um nur ein Beispiel zu nennen. Natürlich kann Curry mehr, als es Spieler 20, 40 oder 60 Jahre vor ihm konnten.
Vergleichbar ist am ehesten die eigene Ära – weshalb Greatest of HIS Time (GOHT!) statt all Time die sinnvollere "Konversation" sein sollte. Und hier gibt es … kein Vorbeikommen an LeBron, selbst wenn sein Team diesen dreimal in den Finals besiegt hat. Individuell zieht Curry hier in fast jeder Kategorie abgesehen vom Scoring den Kürzeren.
Für Platz zwei jedoch hat er (sehr gute) Argumente als Herz eines dynastischen Teams, als zweifacher MVP, als viermaliger Champion. Hauptkonkurrent in seiner Altersklasse dürfte abermals Durant sein, der einige Dinge besser konnte als er, aber nicht zwingend ein besserer Teamspieler und ziemlich sicher ein weniger verlässlicher Franchise-Player war …
Es ist noch nicht vorbei
Beide sind Teil irgendeiner Konversation, könnte man meinen. Und das Schöne ist, sowohl bei ihnen beiden als auch bei LeBron: Es ist noch nicht vorbei. Selbst wenn man die Dubs noch nicht zu den heißesten Contendern zählen mag; sie sind wieder relevant, sie glauben wieder, sie haben wieder zumindest eine gewisse Chance.
Und sie haben eben Curry in Bestform, der – wenn er auch nicht der GOAT ist – in Bestform seit einer soliden Dekade die wohl unterhaltsamste Show liefern kann, die es im Basketballsport so zu bestaunen gibt. Das ist immerhin schon etwas. Ist es überhaupt eine Konversation?