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Boxen

Mike Tyson vs. Jake Paul: Boxkampf als Symbol für den Niedergang des Sports - Kommentar

  • Aktualisiert: 18.11.2024
  • 10:56 Uhr
  • Andreas Reiners

Mike Tyson gegen Jake Paul: Der zum "Mega Fight" hochgejazzte Kampf zieht Millionen an - und enttäuscht ebenso viele Netflix-User. Die Farce steht stellvertretend für den Niedergang des Boxens. Ein Kommentar.

Von Andreas Reiners

War dieser Boxkampf ein Armutszeugnis? Ein Symbol für den Niedergang des Boxsports?

Oder ein Mega-Event, das man nicht verpassen durfte? Tatsächlich irgendwie beides.

Denn wer Mike Tyson in seiner Blütezeit live erlebt hat, war heiß. Gespannt und voller Vorfreude, auf das Comeback von "Iron Mike" in der Nacht zum 16. November. Mit 58 Jahren.

Videos vom Sparring heizten die Gefühlswelt der Fans noch weiter an. Der einstige Schwergewichts-Champion sah nicht nur fit aus. Er war es auch tatsächlich. Es war beeindruckend wie der 58-Jährige sich durch die Runden kämpfte - und immerhin nicht K.o. und über die volle Kampfdistanz ging.

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Ja, ein wenig Sorge war auch dabei. Wird es ein Spektakel? Oder doch nur ein aufgepumptes Duell umgeschulter Influencer gegen Box-Opa? Ein abgesprochener Showkampf, bei dem das Profi-Siegel mehr Schein als Sein ist?

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Tyson vs. Paul: Halbe Milliarde auf Netflix?

Es war dieser Nervenkitzel, der Millionen Menschen zu Netflix zog. Pauls Promoter Nakisa Bidarian prophezeite im Vorlauf gar "das meistgesehene Ereignis der modernen Boxgeschichte".

Doch im Moment des größten Triumphes für den Streaming-Anbieter, streikten die Server. Fans auf der ganzen Welt beklagten sich über massive Probleme, die nicht an der jeweiligen Internetverbindungen lagen.

Und so verkam der Kampf nicht nur zu einem qualitativ überschaubaren und langweiligen, weil eindeutigen Event (78 von 278 Schlägen traf Paul, Tyson schlug  97-mal zu, traf mickrige 18-mal), sondern auch zu einer digitalen Farce. Blamage statt Sport-Revolution auf Netflix.

Auch ganz ohne die technischen Probleme und die Unausgeglichenheit stand dieser Kampf bereits im Vorfeld sinnbildlich für den Niedergang des Boxsports.

Mike Tyson gegen Jake Paul: Die Hintergründe zum Box-Duell

Ja, dieses Duell bewegte die Massen, es stand stellvertretend für die Maximierung des Influencer-Marketings, für geniale Social-Media-Schachzüge. Es war daher legitim, diese Möglichkeiten auszuschöpfen.

Doch mit Boxen, mit den faszinierenden Facetten dieses Sports, hatte dieser Ableger der YouTube- und TikTok-Generation nicht viel zu tun. In den meisten Fällen waren echte Fans ohnehin schon vorher verärgert, dass es überhaupt unter dem Label "Boxen" lief. Influencer, die den Sport mehr oder weniger nachspielen? Das ist nichts für eingefleischte Anhänger des Boxens.

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Jake Paul: Wenig Klasse, große Klappe

Paul ist fast 32 Jahre jünger als Tyson, ein Späteinsteiger, der nun zwölf Profi-Kämpfe bestritten hat. Die einzige Niederlage kassierte er gegen Tommy Fury, den limitiert talentierten Halbbruder von Tyson Fury.

Die wichtigste Erkenntnis seiner nun schon vier Jahre währenden Boxer-Karriere: Pauls kämpferische Klasse kann mit seiner großen Klappe weiterhin nicht Schritt halten. Das zeigte sich auch gegen Tyson.

Doch alleine die Möglichkeit, dass das Großmaul Paul verprügelt werden könnte, lockte Fans und Hater gleichermaßen an. Es ist war eine große Follower-Power, gepaart mit Netflix als Antreiber im Hintergrund, die den Kampf in neue Sphären hob. Dass Paul beide Gefühlswelten vereinen kann, sorgte für einen zusätzlichen Schub.

Tyson vs. Paul: Eher lächerlich als legendär?

Kombiniert mit dem Tyson-Comeback wurde das Duell so zu dem Mega-Event, das im "normalen" Boxsport schon länger vergeblich gesucht wird. Man wollte unbedingt dabei sein, auch wenn man vorher schon wusste, dass dieser Auftritt aus sportlicher Sicht eher lächerlich als legendär werden würde.

Beim Boxen, vor allem im prestigeträchtigen Schwergewicht, würden sie sich über so viel Brimborium, Zulauf und Faszination freuen, der Sport dümpelt vor sich hin, lechzt nach den regelmäßigen, großen Kämpfen und Superstars - wie zum Beispiel Tyson.

Doch wenn der Rubel rollt, sind selbst aktuelle Stars dazu bereit, eine mögliche Blamage hinzunehmen und sich der Lächerlichkeit preiszugeben. Tyson Fury gewann gegen MMA-Kämpfer Francis Ngannou vor einem Jahr nur nach Split Decision, ging dabei sogar zu Boden.

Wie sagte Mike Tyson bei "t-online"? "Der Markt ist offen für alle, und das ist doch toll fürs Geschäft."

Ja, zur Unterhaltung ist so ein Kampf Gold wert. Und jede Menge Geld bringt er auch.

Gleichzeitig stand und steht er aber auch stellvertretend für den Niedergang des Boxsports.

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