Deutscher scheitert im Ally Pally im Halbfinale
Darts-WM: Clemens entfacht Hype und will Weltspitze erobern
- Aktualisiert: 03.01.2023
- 15:39 Uhr
Das Märchen ist vorbei: Gabriel Clemens verpasst bei der WM in London vor einem Millionenpublikum den ganz großen Wurf. Der Weg in die Weltspitze scheint dennoch geebnet.
Einen riesigen Hype ausgelöst, deutsche Darts-Geschichte geschrieben und plötzlich ein Topspieler: Nach Wochen im Rampenlicht der schrillen Welt der Pfeilewerfer sehnte sich Gabriel Clemens aber vor allem nach Ruhe. Der "German Giant" muss erst noch realisieren, was er überhaupt geleistet hat. "Ich habe jetzt hoffentlich mal einen Tag frei", sagte Clemens.
Bereits am Tag nach dem 2:6 im WM-Halbfinale gegen Englands Weltklassespieler Michael Smith kehrte der stille Hüne mit seiner Freundin Lisa in die Heimat zurück - raus aus dem kunterbunten Darts-Zirkus, rein in die beschauliche Wohlfühloase Saarwellingen. Doch auch im Saarland wird "Gaga" dem Hype nicht entkommen können.
Das Bundesland steht Kopf, der frühere Maschinenschlosser ist ein gefeierter Held. "Schade, Gabriel Clemens! Das #Saarland ist stolz auf den besten Deutschen aller Zeiten bei der #dartsWM Einer von uns!", schrieb Ministerpräsidentin Anke Rehlinger bei Twitter. Doch die Euphorie geht weit über die Grenzen des Saarlands hinaus.
Smith eine Nummer zu groß für Clemens
Im Schnitt fieberten 1,99 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer vor den Bildschirmen bei Sport1 mit, in der Spitze schauten 3,78 Millionen das Duell zwischen Clemens und der Scoring-Maschine Smith. Wie die Fans musste aber auch Deutschlands Spitzenspieler anerkennen: Der Vorjahresfinalist in Top-Form war - zumindest noch - eine Nummer zu groß.
"Man will immer gewinnen, aber ich habe verloren, von daher ist die Laune gar nicht so gut", sagte Clemens nach dem bislang größten Spiel seines Lebens am späten Montagabend. Nach dem sensationellen 5:1-Sieg über den Weltranglistenersten Gerwyn Price aus Wales in der Runde zuvor war "Gaga" keine weitere Überraschung vergönnt.
"Ich habe irgendwie gegen eine Ballmaschine geworfen", scherzte Clemens (39) bei "DAZN": "Er hat gefühlt nur 180er geworfen und alles gecheckt, sehr viele High-Finishes gespielt." Clemens konnte trotz einer starken Leistung nur zu Beginn mithalten. Smith zog mit einer unverschämten Leichtigkeit sein Niveau bis zum Schluss durch.
Externer Inhalt
Clemens wird zum Thema Nummer eins in Deutschland
Doch auch wenn es nicht für den ganz großen Wurf reichte, in Deutschland sprachen alle über "Gaga". Die Darts-WM war wochenlang das Sportthema Nummer eins, sogar die Tagesschau berichtete in ihrer millionenfach geschauten Sendung um 20 Uhr über Clemens. Auf dem heimischen Sofa drückten Sportstars wie Fußball-Weltmeister Thomas Müller die Daumen.
Nach Jahren der Hoffnung in Deutschland, endlich einen Topspieler hervorzubringen, ist Clemens nun eben genau das. Nie zuvor war ein deutscher Profi in ein WM-Viertelfinale marschiert, Clemens setzte sogar noch einen drauf. Nun gilt es, den Hype zu konservieren, ja vielleicht sogar in einen nachhaltigen Trend umzuwandeln.
Die Voraussetzungen sind gegeben: Durch den Einzug ins Halbfinale sicherte sich Clemens ein Preisgeld von 100.000 Pfund (rund 113.000 Euro), in der Weltrangliste sprang er vom 25. auf den 19. Platz und damit als erster Deutscher überhaupt in die Top 20. Plötzlich wurde er als heißer Kandidat für die prestigeträchtige Premier League gehandelt, einer exklusiven Eliteliga.
Doch wie geht es nun weiter? "So ein Halbfinale bei der WM, das macht schon Spaß, da könnte ich mich dran gewöhnen", flachste Clemens. Schon bald steht das nächste Major-Turnier an. In dreieinhalb Wochen tritt Clemens beim Masters (27. bis 29. Januar) ans Oche - dann als gefürchteter WM-Halbfinalist.