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Afrika Cup - Stanley Ratifo: "Alle wollten sehen, dass sie uns abschlachten"

  • Aktualisiert: 30.04.2024
  • 17:07 Uhr
  • Simon Hartmann
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Stanley Ratifo vom Oberligisten CFR Pforzheim stürmte beim Afrika Cup für Mosambik. Im Interview mit ran spricht er über das Duell mit Mo Salah, begeisterte Fans und seine Karriere in Deutschland.

Von Simon Hartmann

Vor den Halbfinalspielen beim Afrika Cup hat ran im Interview mit Stanley Ratifo, Oberliga-Spieler beim CFR Pforzheim und Nationalstürmer Mosambiks, über seine Teilnahme am AFCON 2024 gesprochen.

Der 29-Jährige blickt zurück auf die Begegnung mit Liverpool-Star Mohamed Salah, die völlig enthusiastischen Fans und erzählt, wie es als Amateur unter Profis ist.

Außerdem schildert er ein Erlebnis aus seiner Kindheit als Dunkelhäutiger im sozialen Brennpunkt in Sachsen-Anhalt.

ran: Hinter Ihnen liegen aufwühlende Wochen in Afrika. Haben Sie bereits alles realisiert und verarbeitet was dort geschehen ist?

Stanley Ratifo: Nein, das passiert erst derzeit. Plötzlich ist da so viel Medienaufmerksamkeit an meiner Person. Das kannte ich alles gar nicht. Erst jetzt begreife ich, was da alles so passiert ist. Ich als Oberligaspieler (5.Liga) war beim Afrika Cup und durfte mit und gegen Top-Stars spielen – Wahnsinn!

ran: Ihr erstes Spiel war direkt gegen Mohamed Salah, noch mehr Weltklasse geht wohl nicht, oder?

Stanley Ratifo: Ja, absolut. Du kennst solche Spieler nur aus dem Fernsehen und dann stand ich neben ihm im Spielertunnel. In diesem Moment habe ich erst so richtig begriffen, um was es hier eigentlich geht. Und dann stehst du da und siehst diesen völlig muskelbepackten Spieler neben dir stehen und weißt, du gehst hier gleich raus und musst liefern. "Das darfst du nicht verkacken", habe ich mir gedacht.

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Die Leute nennen uns Helden

Stanley Ratifo

ran: Mosambik war der krasse Außenseiter und zum ersten Mal seit sechs Turnieren Abstinenz wieder beim Afrika Cup dabei. Was hat das für die Menschen dort bedeutet?

Stanley Ratifo: Alles. Wir haben so viele positive Botschaften bekommen. Die Leute nennen uns jetzt Helden. Wir können wirklich stolz auf uns sein, trotz des unglücklichen Ausscheidens.

ran: Mosambik war kurz davor in einer "Todesgruppe" mit Ghana, Ägypten und den Kap Verden das Achtelfinale zu erreichen. Hätten Sie das im Voraus erwartet?

Stanley Ratifo: Ehrlich gesagt nein. Das Unentschieden gegen Ägypten hätten uns wohl die wenigsten zugetraut. Der Großteil der Zuschauer im Stadion in Abidjan (Elfenbeinküste) war für Ägypten. Die wollten alle sehen, dass sie uns abschlachten. Dann haben wir aber solch ein gutes Spiel gemacht und plötzlich hat das ganze Stadion "Mosambik" geschriehen. Selbst die Gegner. Ein unvorstellbares Gefühl. Es war ein Zeichen des Respekts.

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ran: Respekt. Ein gewichtiges Wort. Sie spielen als Oberliga-Fußballer mit Spielern wie Reinildo (Innenverteidiger bei Atletico Madrid) zusammen. Werden Sie von solchen Top-Stars respektiert?

Stanley Ratifo: Ich verstehe mich toll mit Reinildo und habe überhaupt nicht das Gefühl, dass innerhalb der Mannschaft auf die weniger bekannten Spieler runtergeschaut wird - im Gegenteil. In der Oberliga wird man auch mal angemeckert von den Mitspielern. Das passiert bei der Nationalmannschaft nicht, dort wird fast immer direkt positiv geredet. Man pusht sich gegenseitig sehr stark. Du darfst Fehler machen. Spieler auf diesem hohen Niveau wissen, dass es nicht hilft, den Mitspieler übermäßig zu kritisieren. Das reißt dich auch einfach mit, wenn du gepusht wirst, kriegst du noch mehr Lust zu zocken.

ran: Gerade diese Lust am Fußball scheint Ihnen zwischenzeitlich gefehlt zu haben?

Stanley Ratifo: Genau, nach meiner Zeit in der U23 des 1. FC Köln war ich sehr frustriert, dass es nichts mit meinem Bundesliga-Debüt wurde - und das obwohl ich unter Peter Stöger auch bei den Profis mittrainieren durfte. Mein Trikot mit der Nummer 40 war schon beflockt. Ich dachte mir nur: "Ach du scheiße, jetzt wird mein Traum wahr".

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Ich höre jetzt auf mit Fußball

Stanley Ratifo

ran: Er wurde es allerdings nicht. Warum?

Stanley Ratifo: Köln hatte damals große Verletzungssorgen. Nur deshalb bin ich in das erweiterte Aufgebot gerutscht. Beim Abschlusstraining hatte sich dann Leonardo Bittencourt (heute Werder Bremen) kurzfristig wieder als genesen gemeldet und so war die Tür erstmal zu für mich. Daraufhin wurde ich bald 24 und durfte nicht mehr bei der U23 in Köln spielen. Ich fühlte mich völlig ausgelaugt. Ich hatte kein Interesse mehr am Sport. Ich sagte mir: "Ich höre jetzt auf mit Fußball." Ich habe damit komplett abgeschlossen. Vielleicht war es auch der Leistungsdruck…

ran: Wie ging es dann weiter für Sie?

Stanley Ratifo: Ich habe mich ganz der Musik verschrieben und wollte meine Karriere als Rapper starten. Da gab es die Möglichkeit eines Plattenvertrages in Pforzheim. Ich habe nicht lange überlegt und sagte zu. Als ich in Pforzheim war hatte ich mit Fußball quasi nichts mehr zu tun. Auch für die Nationalmannschaft wurde ich dann nicht mehr nominiert. Nach zwei Monaten juckte es mich aber in den Füßen. Das Kicken hat mir gefehlt und dann habe ich mich nach einem neuen Klub umgeschaut. Ich habe einfach im Internet nach dem größten Verein in Pforzheim gesucht. Da kam dann der CFR ins Spiel. Dann bin ich einfach ins Training gefahren und habe direkt einen Vertrag bekommen. Kurz darauf kam auch der damalige Nationaltrainer Abel Xavier wieder auf mich zu und holte mich zurück ins Team von Mosambik.

ran: Wie wurde der mosambikanische Verband denn erstmals auf Sie aufmerksam?

Stanley Ratifo: Das war schon vor meiner Kölner Zeit, als ich noch in Ostdeutschland gespielt habe. Zuerst war ich in meiner Heimatstadt in Halle unterwegs und kam auch in Liga drei zum Einsatz. Danach habe ich in Auerbach in der Regionalliga Ost gespielt. Dort habe ich die Aufmerksamkeit Mosambiks geweckt und erhielt dann die Nominierung.

Wenn ich dich ich im Stadion sehe, verbrenne ich dich

Stanley Ratifo

ran: Sie sind in Deutschland geboren und aufgewachsen. Haben Sie sich je fremd in Mosambik bzw. in Deutschland gefühlt?

Stanley Ratifo: Nein, in Mosambik nicht. ich war schon als Kind immer wieder in Afrika, um meine Familie zu besuchen. Mein Vater ist von dort und meine Mutter ist Deutsche. Beide Länder sind meine Heimat. Halle ist meine Heimat, ich gehe heute noch oft und gerne hin.

ran: Also haben Sie keine negativen Erfahrungen gemacht, bezüglich Ihrer Wurzeln?

Stanley Ratifo: Naja nicht ganz. Eine prägende Erfahrung gab es da schon. Als ich 14 Jahre alt war, wollte ich mit einem Freund ins Stadion vom Halleschen FC (HFC). Vor dem Spiel hat mir jemand zugerufen: "Wenn ich dich im Stadion sehe, verbrenne ich dich." Meine Knie haben gezittert. Ich konnte das nicht verstehen. Mensch ist Mensch. Später stand ich für genau diesen Verein als Profi auf dem Platz und wurde von den Fans geliebt. Da hat meine Hautfarbe nie eine Rolle gespielt. Und so sollte es auch sein.

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