Bundesliga
Friedhelm Funkel beim 1. FC Köln: Trainer-Legende erklärt Gründe für seinen Abschied: "Ich schaue nicht mit Groll zurück"
- Aktualisiert: 27.06.2025
- 17:04 Uhr
- Andreas Reiners
Friedhelm Funkel spricht im ran-Interview über emotionale Wochen beim 1. FC Köln, warum es nicht weitergeht, was er von Lukas Kwasniok hält und warum Mario Basler Recht hat.
Das Interview führte Andreas Reiners
Groll bei Friedhelm Funkel? Auf keinen Fall!
Der 71-Jährige macht keinen Hehl daraus, dass er mit dem 1. FC Köln nach dem Bundesliga-Aufstieg auch gerne in die neue Saison gegangen wäre.
Er betont im ran-Interview aber auch, dass die Vereins-Verantwortlichen und er "im allerbesten Einvernehmen auseinandergegangen" sind.
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"Enttäuscht bin ich nicht. Ich bin Realist. Natürlich hätte ich gerne weitergemacht, vor allem, weil ich von dieser Mannschaft wirklich überzeugt war. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und aus dem Grunde bin ich auch niemandem böse. Ich schaue überhaupt nicht mit Groll zurück", so Funkel.
Im ran-Interview spricht er zudem über emotionale Wochen, was er von Nachfolger Lukas Kwasniok hält, warum er den Feuerwehrmann und mit der jüngeren Generation gut kann und warum Mario Basler Recht hat.
Das Wichtigste in Kürze
Friedhelm Funkel: Fan von "AnnenMayKantereit"
ran: Herr Funkel, sind Sie jetzt eigentlich Fan von "AnnenMayKantereit"?
Friedhelm Funkel: (lacht) Ja, doch - ein kleiner Fan bin ich mittlerweile schon. Das kann man sagen.
ran: Der Song "Tommi" der Band wurde zur Aufstiegshymne. Wie sehr hat Sie die Bundesliga-Rückkehr des 1. FC Köln emotional berührt?
Funkel: Das war herzergreifend, wirklich. Was da musikalisch und emotional passiert ist, hat mich tief berührt. Als die Anfrage kam, ob ich den FC noch einmal übernehme, habe ich kurz überlegt, aber die Entscheidung war dann schnell gefallen. Ich habe Thomas Kessler am nächsten Morgen direkt angerufen. Ab diesem Moment war klar: Das wird emotional. Und so war es dann auch: zwei Spiele, zwei Siege und am Ende der Aufstieg. Ich bin jeden Morgen mit einem Lächeln ins Geißbockheim gefahren, habe mich auf das Training gefreut, auf die Gespräche, auf die Spiele. Dass dann natürlich viele Erinnerungen hochkamen – an die Rettung 2021, an den Aufstieg 2003 – das war schon sehr besonders. Nochmal so einen Moment zu erleben, das waren große Gefühle und Emotionen.
ran: Sie haben in Ihrer Karriere viel erlebt. Wo ordnen Sie dieses Kapitel ein?
Funkel: Ganz klar: Das war ein weiterer Höhepunkt. Wir haben nicht nur sportlich gewonnen, sondern auch an Zusammenhalt und Glaubwürdigkeit. Es waren nur zwei Spiele und wir hätten auch viel verlieren können. Deshalb gehört dieser Aufstieg definitiv zu den schönsten Momenten meiner Trainerlaufbahn.
ran: Hatten Sie nach der Übernahme jemals Zweifel?
Funkel: Nein, überhaupt nicht. Ich hatte zu keinem Zeitpunkt Zweifel. Schon nach dem ersten Training war für mich klar: Diese Mannschaft will. Die Intensität, die Körpersprache, die Art, wie sie auf dem Platz standen - das war stark. Ich war fest davon überzeugt, dass wir es schaffen. Es war eine überragende Truppe mit Charakter. Aber ich habe auch gespürt, dass die Mannschaft verunsichert war. Die Kritik war laut, der Trainer wurde freigestellt, das geht nicht spurlos an den Spielern vorbei.
ran: Was hat in der Situation geholfen?
Funkel: Ich kannte viele Jungs, hatte einige selbst trainiert oder bei Veranstaltungen kennengelernt. Das hat geholfen, Vertrauen herzustellen. Trotzdem kann in zwei Spielen viel passieren. Dass es so positiv läuft, hätte ich nicht gedacht. Manchmal wirkt ein Trainerwechsel wie eine Befreiung: Es ist ein anderes Gesicht, eine andere Ansprache, eine neue Herangehensweise. Das habe ich sofort gespürt. Da war Feuer drin, und das ist immer ein gutes Zeichen.
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ran: Sie gelten als Spezialist für solche Einsätze. Was macht Sie in solchen Situationen so erfolgreich?
Funkel: Ich denke, es ist die Kombination aus Erfahrung und der Fähigkeit, mich schnell in eine Situation hineinzudenken. In Köln kam natürlich hinzu, dass ich Verein, Umfeld und viele Personen gut kenne, das war ein Vorteil. Wichtig ist auch die Menschlichkeit. Weil man viele Gespräche führen muss. Und da versuche ich dann, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das ist mir in den vergangenen Jahren immer wieder gelungen, und das freut mich natürlich. Doch nochmal: Das wichtigste Merkmal ist einfach die Erfahrung.
Friedhelm Funkel: Warum versteht der Ältere die Jüngeren?
ran: Wie gelingt Ihnen der Draht zu einer Spielergeneration, die oft als "schwieriger" gilt?
Funkel: Ich weiß, da wird oft gesagt: 'Die Älteren verstehen die Jungen nicht mehr.' Aber das sehe ich völlig anders. Für mich ist das überhaupt kein Problem. Warum? Weil ich mich mit den Jungs beschäftige, weil ich mit ihnen rede, weil ich ihnen zuhöre. Ich finde auch nicht alles gut, was die heutige Generation macht. Aber ich bin bereit, vieles zu akzeptieren, weil es einfach eine andere Zeit ist. Wir waren früher auch anders als die Älteren damals. Entscheidend ist: Es gibt bestimmte Dinge, da lasse ich überhaupt nicht mit mir reden. Bei Dingen wie Disziplin, Pünktlichkeit und Verantwortungsbewusstsein bin ich kompromisslos. Da gibt’s kein 'Aber'. Aber über vieles andere lässt sich reden.
ran: Gibt es da konkrete Beispiele?
Funkel: Ich feiere gerne, das tun die Spieler teilweise auch. Die können das heute nur nicht mehr so wie früher, weil sie zu sehr unter Beobachtung stehen. Aber ich vergesse nicht, dass ich das früher auch gemacht habe. Ich habe viel Verständnis für viele Dinge und das spüren und merken die Spieler. Wichtig ist es auch, sich nicht wichtiger zu nehmen als die Spieler. Dass man auf Augenhöhe spricht. Ich will die Jungs nicht ständig zu mir zitieren, sondern setze mich auch mal zu ihnen, trinke mit ihnen einen Kaffee, besuche sie auf dem Zimmer. Das sind Kleinigkeiten, aber sie machen einen Unterschied.
ran: Das klingt nach viel Leidenschaft für den Job. Werden Sie deshalb immer wieder "schwach"?
Funkel: (lacht) Vielleicht. Aber ja, ich habe noch richtig Lust auf den Job. Ich habe Energie, ich bin gesund, ich bin glücklich, das alles versuche ich an die Mannschaft und das Umfeld weiterzugeben. Ich bin nicht müde, Trainer zu sein, im Gegenteil. Die Arbeit mit einer Mannschaft, das tägliche Training, das Miteinander: Das gibt mir unglaublich viel.
ran: Wie groß ist dann die Enttäuschung darüber, dass es mit dem FC nicht weitergegangen ist?
Funkel: Enttäuscht bin ich nicht. Ich bin Realist. Natürlich hätte ich gerne weitergemacht, vor allem, weil ich von dieser Mannschaft wirklich überzeugt war. Der Charakter, das Miteinander, die Mentalität, das war außergewöhnlich gut. Aber die Verantwortlichen wollten sich noch etwas Zeit nehmen, um die Trainerfrage in Ruhe zu klären. Da habe ich ganz offen gesagt: 'Leute, ich warte nicht noch acht, neun Tage.' Ich habe dann selbst den Schlussstrich gezogen und gesagt: 'Lasst uns das so stehen lassen, wie es jetzt ist.' Und das war auch völlig in Ordnung. Ich schaue überhaupt nicht mit Groll zurück. Im Gegenteil: Ich wünsche Lukas Kwasniok für die kommende Bundesliga-Saison nur das Beste. Ich werde mir sicherlich auch das eine oder andere Spiel in Köln anschauen. Vielleicht nicht gleich zu Beginn, aber irgendwann bestimmt.
ran: Können Sie das Vorgehen des Klubs nachvollziehen?
Funkel: Ja, absolut. Jeder Klub hat seine eigene Herangehensweise. Und beim FC sind es mehrere Personen, die in solchen Fragen mitentscheiden. Das habe ich akzeptiert, genauso wie der Verein akzeptiert hat, dass ich nicht länger warten wollte. Und so sind wir wirklich im allerbesten Einvernehmen auseinandergegangen.
Friedhelm Funkel: "Ich bin niemandem böse"
ran: Hat es Sie überrascht, dass intern nicht alle hinter Ihnen standen?
Funkel: Nein, das gehört dazu. Jeder hat seine eigenen Vorstellungen und aus dem Grunde bin ich auch niemandem böse. Jeder bringt seine Sichtweise ein, und am Ende hat man sich für Lukas Kwasniok entschieden.
ran: Mario Basler sagte, er sei froh, dass es nicht zu einer langfristigen Lösung mit Ihnen kam. Sinngemäß: Wenn Sie dann fünf Spiele verlieren, müsste der FC Sie entlassen und das würde Ihrer Leistung nicht gerecht.
Funkel: Mario hat damit völlig recht. Zu 100 Prozent. Aber ich wäre das Risiko trotzdem eingegangen.
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ran: Haben Sie selbst auch solche Gedanken gehabt?
Funkel: Nein, ich mache mir über so etwas keine Gedanken. Ich kenne die Mechanismen im Fußball. Ich weiß, dass es dann so hätte passieren können, aber da mache ich mir wirklich überhaupt keine Gedanken drüber.
ran: Wie finden Sie die Lösung mit Kwasniok?
Funkel: Ich finde das gut. Lukas ist ein aufstrebender Trainer, hat in Paderborn und auch davor in Saarbrücken sehr gut gearbeitet. Jetzt bekommt er die Chance bei einem großen Traditionsverein, das ist schon eine andere Aufgabe.
Friedhelm Funkel: Passt Kwasniok zum Effzeh?
ran: Zu einem Klub wie dem 1. FC Köln muss man als Typ auch passen. Passt das?
Funkel: Ja, ich finde, er passt vom Typ her gut zum Klub und zur Mannschaft. Er ist ein impulsiver Typ, jung und dynamisch. Einer, der seine Emotionen lebt und zeigt. Ich kenne ihn nicht persönlich, aber ich habe ein gutes Bild von ihm: Er ist nicht nur einer, der an der Seitenlinie aktiv ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass er sich unter die Leute mischt, mal ein Bier mit den Fans trinkt, Gespräche sucht, Nähe zeigt und auch mal ein bisschen feiert. Das ist in Köln wichtig. Wer hier erfolgreich sein will, muss die Menschen mitnehmen, empathisch sein. Und das, glaube ich, kann Lukas, um die Herzen der Kölner zu gewinnen. Er bringt zudem fachlich viel mit. Was er in Paderborn und zuvor in Saarbrücken gemacht hat, war richtig stark.
ran: Trotzdem: Das Zögern, die Uneinigkeit wie bei der Trainerfrage - ist das auch ein typisches FC-Problem?
Funkel: Das ist generell ein deutsches Thema. In vielen Vereinen müssen Entscheidungen durch mehrere Gremien. Das kann manchmal ein Problem sein. Was auffällt: In den Vereinen, wo wenige Personen entscheiden, geht vieles schneller und oft auch erfolgreicher. Ich denke da an Freiburg, Mainz, St. Pauli, Heidenheim oder auch Frankfurt. Dort sind zwei oder drei Leute Entscheidungsträger – und wenn die sich einig sind, wird entschieden. Und manchmal ist Schnelligkeit wichtig. Und diese Vereine haben nachweislich Erfolg. Und dann hat man auch mehr Ruhe als in den Traditionsvereinen. Hertha oder Schalke zum Beispiel, da ist es schwierig, weil es viele Gremien gibt, da kommt man nicht zur Ruhe. Und dann ist es schwierig, langfristig erfolgreich zu sein.
ran: Müsste sich beim 1. FC Köln in der Hinsicht etwas ändern?
Funkel: Ich weiß nicht, ob sich da grundsätzlich etwas ändern muss. Was ich aber sagen kann: Thomas Kessler ist definitiv auf dem richtigen Weg und hat eine Chance verdient. Ich habe zwei Wochen intensiv mit ihm zusammengearbeitet und das war richtig gut. Er ist Kölner, kennt den Klub aus dem Effeff, ist hochintelligent. Und er kommt aus dem Fußball. Er hatte bei mir noch nicht die volle Entscheidungsmacht, das bei den Verantwortlichen durchzudrücken, weil er einen Tag im Amt war. Ich bin sowieso davon überzeugt, dass sportliche Entscheidungen wieder stärker bei den Sportverantwortlichen liegen müssen und nicht in Gremien. Thomas muss sich das jetzt erarbeiten. Aber er ist auf einem sehr guten Weg. Mit Spielern wie Ragnar Ache und Isak Johannesson hat er schon zwei richtig gute Transfers getätigt. Er ist empathisch, klug, kommunikativ, und das braucht der FC. Ich traue ihm deshalb sehr viel zu.
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ran: Was muss der 1. FC Köln sportlich anders machen, um in der Bundesliga zu bleiben?
Funkel: Das Wichtigste ist simpel gesagt: Genug Punkte sammeln. In schwierigen Phasen ruhig bleiben, dem Trainer vertrauen. Das ist ganz wichtig, aber manchmal sehr schwierig.
Friedhelm Funkel: Nochmal Feuerwehrmann?
ran: Wie optimistisch sind Sie mit einem frühen Blick auf die neue Saison?
Funkel: Ich glaube, der 1. FC Köln wird, wie fünf, sechs andere Klubs auch, um den Klassenerhalt kämpfen. In solchen Konstellationen entscheiden oft Kleinigkeiten. Ob du im richtigen Moment die Punkte holst. Ich traue dem FC das zu, und ich wünsche es dem Klub von Herzen. Ich hoffe, dass sie am Ende oberhalb der Relegation landen.
ran: Wäre ganz generell ein erneuter "Feuerwehreinsatz" für Sie denkbar?
Funkel: Solange ich spüre, dass ich etwas bewegen kann, werde ich bereit sein, nochmal einzuspringen. Wenn ich das Gefühl habe, dass es realistisch ist, Erfolg zu haben und etwas zu erreichen. Es kommt daher immer auf die Umstände an: Wer kommt auf mich zu? Ist es realistisch, dass ich dieser Mannschaft helfen kann? Wenn ich überzeugt bin, dass eine Mission Erfolg haben kann, dann schließe ich das bestimmt nicht aus.
ran: Und was ist mit einer kompletten Saison? Würde Sie das auch reizen?
Funkel: Auch da kommt es auf die Umstände an. Beim FC hätte ich mir das absolut zugetraut. Die Mannschaft ist fußballerisch wie charakterlich stark, zwei sehr gute Neuzugänge sind bereits da und mit ein paar gezielten Verstärkungen hätte man gut in die Saison gehen können. Das hätte ich sehr gerne gemacht. Ob das bei anderen Mannschaften dann ebenso der Fall sein könnte, hängt von vielen Dingen ab: Welcher Verein ist das, was ist das für eine Mannschaft und was kann man erreichen? Das muss man dann sehen.