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Klub-WM: Fredi Bobic im ran-Interview über FC Bayern, PSG und Nick Woltemade: "Kritik an Max Eberl total übertrieben"
- Veröffentlicht: 03.07.2025
- 13:13 Uhr
- Martin Volkmar
Fredi Bobic begleitet als ran-Experte die Klub-WM in den USA (live und kostenlos auf Joyn). Im Interview spricht er über seinen neuen Job in Polen, seinen Streit mit Hertha BSC, Bayerns Transfer-Fiasko und dem Erfolg der Klub-WM.
Das Interview führte Martin Volkmar.
Seit April ist Fredi Bobic zurück im Job:
Da übernahm der Ex-Nationalspieler etwas überraschend einen neuen Posten beim polnischen Rekordmeister Legia Warschau.
Zuvor war der 53-Jährige mehr als zwei Jahre arbeitslos, nachdem ihn Hertha BSC Anfang 2023 gefeuert habe.
Seitdem klagt er vor Gericht gegen die Berliner, der Fall ist zu seinem Unmut bis heute nicht abgeschlossen.
Im Gespräch mit ran spricht Bobic über den Prozess, seine Entscheidung für Legia und gegen die Bundesliga, die Kritik an den Bayern-Bossen, die Situation bei seinem früheren Verein VfB Stuttgart, die Transfergerüchte um Nick Woltemade, die Klub-WM und Bayerns dortigen Viertelfinal-Gegner Paris Saint-Germain (Samstag ab 17:15 Uhr live in SAT.1, auf Joyn, ran.de und in der ran-App).
Fredi Bobic über Legia Warschau
ran: Sie sind zweieinhalb Monaten in Ihrem neuen Job als Fußball-Abteilungsleiter bei Legia Warschau. Wie kam es dazu?
Fredi Bobic: Es war eigentlich ganz unkompliziert. Ich habe mich mit dem Eigentümer Dariusz Mioduski getroffen, danach mit der ganzen Führung des Vereins. Und dann lag es an mir und ich habe mich dafür entschieden. Und es kam nie etwas an die Öffentlichkeit, obwohl ich mir in der Zeit sogar zwei Spiele von Legia vor Ort angeschaut habe. Das war ganz schön.
ran: Warum der Schritt nach Polen?
Bobic: Ich wollte nach der letzten Zeit in der Bundesliga und den Dingen, die da passiert sind, bewusst etwas anderes machen und wieder ins Ausland. Ich habe ja 2009 als Manager auch in Bulgarien bei FC Tschernomorets Burgas angefangen. Und das hat mir gut gefallen damals. Ich mag es einfach, wieder etwas Neues kennenzulernen. Der Verein ist riesig, in Polen ist Legia der größte Klub. Und die Infrastruktur ist überragend, das Trainingszentrum gehört für mich zu den Top fünf in Europa.
ran: Was sind die Ziele?
Bobic: Wir versuchen, den Klub Schritt für Schritt wettbewerbsfähiger zu machen und vor allem auch wieder Meister zu werden. Das sind wir seit vier Jahren nicht gewesen. Obwohl die letzte Saison ansonsten recht erfolgreich war. Legia ist in der Conference League erst im Viertelfinale gegen den späteren Sieger Chelsea ausgeschieden und polnischer Pokalsieger geworden. Der Sieg im Nationalstadion in Warschau war ein großartiges Erlebnis und ein guter Abschluss, aber in der Liga sind wir eben nur Fünfter geworden.
ran: Wie fällt Ihre erste Zwischenbilanz aus?
Bobic: Ich muss ehrlich sagen, schon die ersten rund zwei Monate waren beeindruckend. Ich versuche, meine Erfahrungen einzubringen und im sportlichen Bereich Umstrukturierungen zu machen. Aber nicht mit Dampfhammer, sondern gemeinsam. Das ist neben dem Erfolg der Mannschaft meine größte Aufgabe. Aber ich habe bewusst nur einen Vertrag über ein Jahr unterschrieben. Dann werde ich mich mit dem Präsidenten zusammensetzen und schauen, ob es weitergeht. Aber so lange haue ich mich hier voll rein, 24/7 wie man so schön neudeutsch sagt, und habe Spaß daran.
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Das Wichtigste in Kürze
Fredi Bobic: "Bei Wolfsburg war nichts konkret"
ran: War ein Job in Deutschland keine Option?
Bobic: Nein, nicht wirklich. Es waren auch nicht so viele Klubs, die mich in Deutschland richtig interessiert haben. Und es hat auch öfter nicht gepasst. Bei einem Verein zum Beispiel, den Namen werde ich nicht nennen, wollte man mich als Sportchef haben – aber mit der Vorgabe, dass der Trainer über mir steht. Und da habe ich dann gesagt: Das funktioniert nicht.
ran: Sie sollen unter anderem mit dem VfL Wolfsburg gesprochen haben…
Bobic: Nein, da war gar nichts konkret. Und das ist auch etwas, was mich in Deutschland manchmal ein wenig nervt: Dass viele meinen Namen einfach benutzt haben und dass Dinge aus Vereinen heraus geleakt werden, um damit intern Politik zu machen und selbst besser dazustehen. Da sind Unwahrheiten verbreitet worden – zum Beispiel, dass ich zu viel Geld wolle -, ohne dass die Leute überhaupt mit mir geredet haben. Das ist unseriös. In Deutschland sind oft einfach zu viele Gremien im Spiel, die mitreden wollen. Und das wollte ich nicht mehr.
ran: Wo liegt das Hauptproblem aus Ihrer Sicht?
Bobic: Der deutsche Fußball muss sich überlegen, wie er sich für die Zukunft aufstellen will. Wenn man international mit den ganz Großen mithalten will, auch wirtschaftlich, ist das aus meiner Sicht mit 50 plus 1 nicht zu schaffen. Das sieht man doch gerade etwa in Dortmund bei der Frage, ob Aki Watzke als Präsident verhindert wird. Das wäre dann der nächste von den Ultras oder einer anderen Fanorganisationen gesteuerte Verein. Ich habe schon bei meinem Abschied bei Hertha gesagt: Man muss aufpassen, dass das, was mir in Berlin passiert ist, nicht auch woanders passiert. Das geht ganz schnell.
Fredi Bobic über den Prozess gegen Hertha BSC
ran: Mit der Hertha streiten Sie seit Ihrem Rauswurf vor Gericht ums Geld. Wird das zu einer Never-Ending-Story?
Bobic: Es ist schon ein bisschen befremdlich ist, dass es so lange dauert. Ich will mich da eigentlich wenig öffentlich dazu äußern, weil im Endeffekt kann man die Details ja überall lesen, das Gericht gibt das ja selbst immer raus. Ich rede nicht gerne darüber, weil es mir eigentlich eher unangenehm ist, aber ich wurde halt auch dazu gedrängt, auf mein Recht und die gültigen Verträge zu pochen. Und dass es jetzt so lange dauert, lag nicht an mir. Wir werden sehen, wie die Gerichte entscheiden. Aber ich bin froh, wenn das irgendwann mal vorbei ist, das ist ganz klar.
ran: Schauen wir stattdessen auf einen anderen Ex-Klub, wo sie als Spieler und Manager erfolgreich waren, den VfB Stuttgart. Haben Sie sich über den ersten DFB-Pokalsieg seit Ihrem Triumph 1997 gefreut?
Bobic: Natürlich bin ich sehr, sehr glücklich über die Entwicklung in Stuttgart, genauso wie bei meinem anderen Ex-Klub Eintracht Frankfurt mit dem Einzug in die Champions League. Der VfB hat durch den Pokal und die dadurch gelungene Qualifikation für die Europa League Gott sei Dank eine nicht so gute Saison noch gerettet. Und deshalb stand die Stadt auch zu Recht Kopf, so wie es 2018 bei unserem Pokalsieg auch in Frankfurt war. Gerade bei solchen Traditionsvereinen ist die Sehnsucht nach einem Titel natürlich groß – und dann muss man das auch angemessen feiern.
ran: Wie sehen Sie generell die Aufwärtsentwicklung beim VfB unter Sebastian Hoeneß?
Bobic: Als Alex Wehrle als Vorstandsvorsitzender übernommen hat, da habe ich mich riesig für ihn gefreut, weil er ein persönlicher Freund ist. Und da war ich mir sicher, dass der VfB wieder seriöser und besser dastehen wird. Trotzdem gab es auch danach viele unnötige Kämpfe im Umfeld und in den Gremien, wie immer beim VfB. Aber Alex hat es halt geschafft, den Verein wieder sportlich und wirtschaftlich sauber hinzustellen. Es war auch sehr gut, Fabian Wohlgemuth als Sportchef reinzuholen. Und die Königs-Personalie war dann Sebastian Hoeneß.
ran: Warum?
Bobic: Er hat gezeigt, dass er totale Identifikation mitbringt, das beweist auch seine Vertragsverlängerung. Und er hat es geschafft, eine Mannschaft, die fast abgestiegen wäre, zur Vizemeisterschaft zu führen. Das war wirklich eine überragende Leistung. Die letzte Saison war dann eher ein Lernjahr, in der Bundesliga und der Champions League hat man sicher nicht alle Ziele erreicht. Aber mit er Erfahrung und dem Pokalsieg im Rücken werden sie schon deutlich reifer ins nächste Europapokal-Jahr gehen. Wenn sie auf allen drei Hochzeiten tanzen wollen, müssen sie auch mehr Stabilität reinbekommen.
Bundesliga-Transfergerüchte: Top-Klub nimmt VfB-Star Angelo Stiller in den Fokus
Fredi Bobic über Nick Woltemade
ran: Droht nicht erneut der Verlust von Leistungsträgern? Nick Woltemade soll sich ja schon mit Bayern München einig sein…
Bobic: Wenn Spieler gehen, müssen sie die Einnahmen dafür halt clever nutzen. Das ist den Stuttgartern schon nach der letzten Saison und den Abgängen von Anton, Ito und Guirassy gut gelungen. Deshalb habe ich da generell keine Bauchschmerzen, weil sie einen guten Job machen. Und Nick Woltemade würde nicht raten, jetzt bereits den Verein zu verlassen – egal, welche Angebote beim VfB reinflattern.
ran: Wieso?
Bobic: Der VfB ist im Moment für ihn der richtige Verein. Sie stehen gut da, spielen europäisch, Sebastian Hoeneß setzt auf ihn und er bekommt seine Minuten. Das wäre bei Bayern nicht so sicher. Ich glaube auch nicht, dass er nur Backup von Harry Kane sein möchte, und von dessen Niveau ist er noch ein Stück weit entfernt. Klar könnte er auch Nachfolger von Thomas Müller auf der Position dahinter werden – aber Müller war ja auch nur Backup von Jamal Musiala… Und für die Ersatzbank ist Nick Woltemade zu schade, gerade in seinem jungen Alter. Ein Interesse von Bayern oder anderen Topvereinen ist natürlich immer verlockend. Trotzdem wäre es aus meiner Sicht zu früh und es läuft ihm auch nicht weg. Nick Woltemade soll mal ein, zwei Jahre konstant auf Top-Niveau spielen und sich stabilisieren. Dann wäre er bereit für einen großen Klub.
ran: Es gibt Kritik an Max Eberl und Christoph Freund, dass die Gespräche mit Woltemade vor der Kontaktaufnahme mit dem VfB erfolgt sind, und auch, dass die Bayern bei der Außenstürmer-Suche einige Absagen kassiert haben. Wie sehen Sie es?
Bobic: Christoph Freund hat nur gesagt, dass Nick Woltemade ein interessanter Spieler ist. Und das ist doch in Ordnung, da hat er ja vollkommen recht. Generell finde ich die Kritik vor allem an Max Eberl total übertrieben. Max hat ja auch Michael Olise geholt, der ein absoluter Volltreffer ist. Aber solche Unterschiedsspieler bekommst du nicht zu einem vernünftigen Preis im Juni, da sind die Preise einfach noch viel höher als im August. Das weiß man als erfahrener Manager, wie der Max einer ist. Aber die Erwartungen bei Bayern sind halt immer sehr hoch, dass man möglichst schnell jemanden präsentieren kann. Das war früher natürlich einfacher.
ran: Inwiefern?
Bobic: Wenn die Bayern gerufen haben, hat es sich keiner lange überlegt und ist direkt nach München gegangen. Aber die Zeiten haben sich verändert. Und es funktioniert auch nicht immer bei jedem Neuzugang. Palhinha zum Beispiel passt offenbar nicht ins Spielsystem von Vincent Kompany. Aber bei einem Verkauf bekommst du dann vermutlich nicht mehr das Geld zurück, das du für ihn gezahlt hast. Da merkt man dann auch, wie schwer es selbst für die Bayern geworden ist, mit den absoluten Topklubs mitzuhalten.
ran: Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
Bobic: Früher haben halt Business-Leute gegeneinander gekämpft um Europas Thron, heute geht es gegen Staaten wie Katar oder Saudi-Arabien oder riesige Finanz-Fonds und gegen die kannst du wirtschaftlich nie gewinnen. Weil die immer noch nachlegen können, während uns das in der Bundesliga teilweise gar nicht erlaubt ist. womit wir wieder bei 50 plus eins wären.
VIDEO: Nick Woltemade und? Diese Spieler sind beim FC Bayern im Gespräch
Fredi Bobic über Bayern-Gegner PSG
ran: Auch der nächste Bayern-Gegner Paris St. Germain wird seit Jahren von einem katarischen Staatsfonds unterstützt. Aber den größten Erfolg, den Champions-League-Titel, haben sie erst ohne die ganz großen Stars wie Messi, Neymar oder Mbappe gefeiert…
Bobic: Sie haben zuletzt Spieler geholt wie den Ex-Frankfurter Pacho oder Kvaratskhelia aus Neapel, die haben eher im Bereich von 30 bis 50 Millionen Euro und nicht 100 Millionen gekostet wie vorher. Früher war da ja gefühlt jeder Topstar, auch Ramos, Ibrahimovic oder Cavani. Da hat man in Paris noch gedacht, es geht mit Namen. Jetzt aber haben sie eine Mannschaft aus Spielern, die erst ein großer Name werden wollen. Vor dem Champions-League-Sieg hat doch fast keiner Vitinha, Mendes oder Barcola gekannt. Trainer Luis Enrique hat es geschafft, dass sie sich komplett neu erfunden haben, angefangen beim Mindset von PSG-Chef Al-Khelaifi. Klar haben sie immer noch viel Geld investiert, aber eben anders und besser.
ran: Danach sah es beim 0:1 in der Vorrunde beim FC Bayern allerdings nicht aus.
Bobic: Sie haben sich in die Saison reingearbeitet und der Knoten ist dann am Jahresende aufgegangen. Spätestens nach dem Sieg in Stuttgart, die sie ja wirklich vernichtet haben, habe ich PSG als Titelfavoriten gesehen. Also das ist eine sehr, sehr talentierte Mannschaft, die noch gar nicht an ihrem Zenit angekommen ist. Das kann eine Ära werden. Deshalb wird es für Bayern am Samstag sehr schwer werden.
ran: Sie haben die FIFA-Klub-WM als ran-Experte begleitet. Wie hat Ihnen das neue Format gefallen, an dem es ja vorher einige Kritik gab?
Bobic: In Deutschland gibt es immer Kritik an allem. Ich glaube, dass es die Fans in Südamerika oder in Marokko oder in den USA oder in Mexiko und wo auch immer anders sehen. Natürlich kommt das Turnier für die Europäer zu einem ungünstigen Zeitpunkt zwischen Saisonende und Vorbereitung auf die neue Saison. Das kann man kritisieren. Aber sportlich habe ich viele gute und interessante Spiele gesehen. Deswegen hat mir das neue Format eigentlich gefallen. Wobei es natürlich im Juni in den USA oft richtig heiß ist. Und wenn man dann schon um 12 oder 15 Uhr Ortszeit spielen muss, da können die Stadien nicht immer voll sein, die Amerikaner müssen auch arbeiten. Das wird sich in der K.o.-Phase sicherlich ändern und sehr spannend werden, wer das Turnier gewinnt. Und am Ende werden alle glücklich sein und große, fette Geldbeutel nach Hause tragen.