Youngster stagniert
Borussia Dortmunds Jamie Gittens - vom Bayern-Flirt zum Sinnbild der BVB-Krise: "Kann bei uns in der Westfalenliga spielen"
- Aktualisiert: 20.02.2025
- 10:54 Uhr
- Chris Lugert
Der Motor bei Borussia Dortmund stottert seit Wochen extrem. Ein Gesicht der Krise ist Jamie Gittens, der weit unter seinen Möglichkeiten spielt - und zuletzt von einer BVB-Legende zerpflückt wurde.
Von Chris Lugert
Es ist das bestimmende Thema der vergangenen Monate bei Borussia Dortmund: Zwischen der individuellen Qualität im Kader und den Leistungen auf dem Platz herrscht eine unerklärliche Diskrepanz.
Rein auf dem Papier verfügt der BVB über eine eindrucksvolle Mannschaft, die es aber unter keinem Trainer schafft, ihr Potenzial voll auszuschöpfen. Sinnbildlich für diese Problematik steht Toptalent Jamie Gittens.
Mit einem Marktwert in Höhe von 50 Millionen Euro (Quelle: transfermarkt.de) ist der Engländer derzeit der wertvollste Spieler im gesamten Dortmunder Kader. Auch dem FC Bayern wurde immer wieder Interesse nachgesagt. Doch seit Wochen läuft der 20-Jährige seiner Form hinterher.
Im Playoff-Rückspiel der Champions League gegen Sporting Lissabon (0:0) war er neben Serhou Guirassy der schwächste Dortmunder Spieler auf dem Feld (ran-Note 5) und wurde bereits in der Halbzeitpause von Niko Kovac ausgewechselt. Seine Fähigkeiten im Dribbling brachte er erneut viel zu selten ein, stattdessen verzettelte er sich und verlor viel zu häufig den Ball.
Dabei hat Gittens bereits mehr als nur angedeutet, wozu er imstande sein kann. Sein Start in die Saison war stark, zum Bundesliga-Auftakt gegen Eintracht Frankfurt traf er doppelt, ebenso im ersten Champions-League-Spiel in Brügge.
Jamie Gittens: Schlimme Flaute nach starker Phase
Zudem schien er in den Wochen vor und unmittelbar nach der Winterpause endlich seine Konstanz gefunden zu haben. Zwischen dem elften und 17. Spieltag erzielte er in der Bundesliga fünf Tore und gab zwei Assists, unter anderem traf er beim 1:1 gegen die Bayern.
Die Münchner, so berichtete unter anderem "Sky", sollen Gittens längst auf der Liste für mögliche Neuzugänge haben, sollten Spieler wie Leroy Sane und/oder Serge Gnabry und/oder Kingsley Coman den Klub verlassen. Auch bei anderen europäischen Klubs, besonders in England, steht er hoch im Kurs.
Doch seit seinem Tor in Kiel, als der BVB ohnehin völlig unter die Räder kam, herrscht bei Gittens eine derbe Flaute. Neun Pflichtspiele ist er inzwischen ohne jede Torbeteiligung, längst ist der gebürtige Londoner ein Sinnbild der Krise und der gesamten Dortmunder Probleme.
BVB-Krise immer größer? Kovac zieht Fazit
Denn Gittens reiht sich ein in eine Riege junger, hochtalentierter Spieler wie Karim Adeyemi und Maximilian Beier, die sich beim BVB aktuell schwer damit tun, den nächsten Schritt zu gehen. Was auch daran liegt, dass die Gesamtsituation des Klubs gerade diesen Spielern aktuell wenig Möglichkeiten gibt, befreit aufzuspielen.
BVB-Ikone Kevin Großkreutz holte zuletzt bereits zu einem Rundumschlag gegen Gittens aus. In seinem eigenen Podcast "Viertelstunde Fußball" bemängelte der langjährige Fanliebling die Inkonstanz des Außenstürmers.
"Wenn er einen guten Tag hat, ist er ein Weltklassespieler, wenn nicht, dann kann er bei uns in der Westfalenliga spielen", sagte Großkreutz, der nach dem Ende seiner Profikarriere inzwischen beim SV Wacker Obercastrop in besagter Westfalenliga kickt.
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Gittens inzwischen Stammspieler beim BVB
Harte Worte, die Gittens aktuell aber gut beschreiben. Die Weltklasse trägt er in sich, er hat es bereits bewiesen. Und doch muss er irgendwann anfangen, ein prägender Unterschiedsspieler in Dortmund zu werden. An mangelnden Gelegenheiten, sich zu beweisen, liegt es nicht. Von den 34 Pflichtspielen des BVB in dieser Saison stand er 29-mal in der Startelf.
Diesbezüglich hat er den nächsten Schritt im Vergleich zur Vorsaison bereits gemacht. Damals pendelte er unter Edin Terzic wesentlich häufiger zwischen Startelf und Jokerrolle. Entsprechend mau waren seine individuellen Statistiken. Inzwischen aber ist er unumstrittene Stammkraft.
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Mit sieben Toren und vier Vorlagen in der laufenden Bundesligasaison hat er längst persönliche Bestmarken aufgestellt, obwohl er seit Mitte Januar keinen Scorerpunkt mehr hinzufügen konnte. Die Entwicklung insgesamt ist positiv, allerdings ist die Delle der vergangenen Wochen extrem - und muss langsam ausgebeult werden.
Doch das gilt nicht nur für Gittens, sondern für den gesamten BVB. Das weiß auch Julian Brandt, der seinerseits selbst nach Konstanz sucht. "Das Selbstverständnis ist seit Wochen nicht da, wir stehen uns teilweise gegenseitig auf den Füßen. Es ist ein Spiegelbild, dass es in den letzten Wochen offensiv hakt", sagte er nach dem Spiel gegen Sporting bei "DAZN".
Und weiter meinte Brandt: "Es ist Sand im Getriebe, da hilft auch kein Schamane mehr." Kovac wiederum will es nicht mit Zauberei, sondern mit positiver Ansprache versuchen. "Wir wissen, dass der Kopf eine große Rolle spielt, wir versuchen den Jungs die Sachen zu zeigen, die sie richtig gut können. Ich glaube fest an die Jungs", sagte der Kroate.
Gittens wäre hier einer der ersten Adressaten, bei denen er diese Herangehensweise ausprobieren kann. Denn an der Qualität mangelt es nicht.