Die Heim-EM war für die deutsche Nationalmannschaft ein klarer Schritt nach vorne. Dass man aber auch in Zukunft auf dem gezeigten Level performt, ist kein Selbstläufer. Denn in Toni Kroos beendet ein Schlüsselspieler seine Karriere. Der Bundestrainer muss kreativ werden. Ein Kommentar.
Toni Kroos beendete im Moment des Ausscheidens bei der Heim-EM gegen Spanien seine Karriere.
Mit ihm verliert Julian Nagelsmann den wichtigsten Spieler im Zentrum seiner Mannschaft. Um den 34-Jährigen hatte der Bundestrainer alles angeordnet.
Jeder Ball ging zu Kroos, er initiierte die Angriffe, beruhigte Mitspieler und peitschte an, wenn es nötig wurde.
All das muss nun auf andere Schultern verteilt werden. Es gibt aber derzeit im deutschen Fußball keinen Spieler, der annähernd auf dem Niveau des Weltmeisters von 2014 ist.
Schon deshalb wird es schwierig das nun angeschlagene Niveau zu halten. Unmöglich ist es aber nicht.
Der Bundestrainer hatte sofort Namen parat, als er auf der Pressekonferenz am Tag nach dem Turnieraus gefragt wurde, wer denn der "neue Kroos" werden solle.
Eins zu eins könne man diesen ohnehin nicht ersetzen, schränkte Nagelsmann zwar ein, "sonst wäre er nicht einer der besten Spieler der Welt".
Trotzdem nannte er Aleksandar Pavlovic und Angelo Stiller als Kandidaten. Auch der Name Pascal Groß fiel. Mit etwas Fantasie könnte man auch Rocco Reitz von Borussia Mönchengladbach in die Verlosung werfen.
"Auf Sicht werden wir Lösungen finden", kündigte der 36-Jährige an.
Davon ist ohne Zweifel auszugehen, die Frage ist nur: Wie gut diese sind.
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Kroos' Einfluss auf das EM-Team war riesengroß
Wie herausragend Kroos performte und wie sehr das System auf die Legende von Real Madrid zugeschnitten war, zeigt, in welcher Weise sich die Leistung der Nationalmannschaft verbesserte, nachdem Kroos im März aus dem DFB-Ruhestand zurückgekehrt war.
Karriereende nach EM-Aus: Das ist Toni Kroos' unglaubliche Titelsammlung
Die unglaubliche Titelsammlung von Toni Kroos Nach Deutschlands EM-Aus gegen Spanien steht fest: Die glorreiche Karriere von Toni Kroos ist zu Ende. Wenngleich ihm der EM-Titel verwehrt blieb, kann der Mittelfeldspieler auf eine unglaubliche Titelsammlung zurückblicken. In acht Saisons beim FC Bayern und zehn Spielzeiten im Dress von Real Madrid hat er stolze 35 Titel angehäuft. ran stellt die beeindruckende Sammlung der DFB-Legende vor.
Sechs Champions-League-Siege Kroos ist der erste und bisher einzige Deutsche, der insgesamt sechsmal die Champions League gewonnen hat. Seinen ersten Henkelpott holte Kroos 2013 mit dem FC Bayern im Finale gegen Borussia Dortmund, nach seinem Wechsel zu Real Madrid im Sommer 2014 folgten vier weitere Triumphe (2016-2018, 2022 und 2024).
Fünf UEFA-Supercup-Siege
Gegen Eintracht Frankfurt feierte Toni Kroos im Jahr 2022 bereits zum fünften Mal einen Sieg im UEFA Supercup. Damit sammelte er ebenso viele Titel wie etwa Real Madrid. Vor der Saison 2013/14 gewann er den Titel mit dem FC Bayern. Nach seinem Wechsel auf die iberische Halbinsel holte er die Trophäe vier weitere Male - 2014, 2017, 2018 und 2022.
Vier spanische Meistertitel Mit großem Vorsprung vor den ärgsten Verfolger FC Barcelona (10 Punkte) und Girona (14) sicherte sich Real Madrid in der Saison 2023/24 die insgesamt 36. Meisterschaft in Spanien. Für Kroos war es seit seinem Wechsel in die spanische Hauptstadt der insgesamt vierte Titel in La Liga.
Vier spanische Superpokalsiege Im Anschluss an den Gewinn der spanischen Meisterschaft holte der Mittelfeldstratege 2017 erstmals die Supercopa. 2020 und 2022 folgte in Saudi-Arabien Kroos' zweiter und dritter Titelgewinn. Im Januar 2024 sicherten sich die Königlichen mit einem 4:1-Erfolg über Barcelona ihre 13. und Kroos seine vierte Trophäe in diesem Wettbewerb.
Ein spanischer Pokalsieg Neben sechs CL-Triumphen kann man einen Pokalsieg auf nationaler Ebene fast übersehen. In der neunten Real-Saison gab es jedenfalls auch in der Copa del Rey ein Happy End. Ein Rodrygo-Doppelpack bescherte den "Königlichen" 2023 einen 2:1-Sieg gegen Osasuna. Kurios: Zuvor schaffte es Kroos nicht einmal ins Finale des Wettbewerbs.
Sechs Klub-Weltmeistertitel Mit sechs Titeln ist die Klub-Weltmeisterschaft der FIFA der Wettbewerb, den Toni Kroos neben der Champions League im Verlauf seiner Karriere am häufigsten gewonnen hat. Der erste Triumph erfolgte 2013 im Anschluss an die Triple-Saison mit dem FC Bayern, 2014, von 2016 bis 2018 und 2022 gewann Kroos den Titel dann weitere fünfmal mit den Königlichen.
Ein Weltmeistertitel
Der größte Triumph seiner Karriere war dennoch der Weltmeistertitel 2014 in Brasilien. Zwei Tore und vier Vorlagen steuerte Kroos zu Deutschlands Erfolgsgeschichte bei. Vor allem beim historischen 7:1 im Halbfinale gegen Brasilien lieferte er ein überragendes Spiel ab.
Drei deutsche Meisterschaften
Bis zu seinem 23. Lebensjahr hatte Kroos bereits drei deutsche Meistertitel gewonnen. Bevor er zu Bayer 04 Leverkusen verliehen wurde, gehörte Kroos schon 2007/08 im zarten Alter von 18 Jahren zum Meisterkader der Bayern. Einen weit größeren Anteil an den Meistertiteln der Münchner hatte er in seinen letzten beiden Bayern-Spielzeiten 2012/13 und 2013/14.
Drei DFB-Pokalsiege
Auch den DFB-Pokal holte Kroos insgesamt dreimal - und zwar immer in Kombination mit der deutschen Meisterschaft. 2008, 2013 und 2014 feierte Kroos mit dem FC Bayern das Double.
Zwei deutsche Supercup-Siege
Dagegen hat Kroos den deutschen Supercup "nur" zweimal gewonnen. 2010 schlug er mit dem FC Bayern im Finale den FC Schalke 04 mit 2:0, zwei Jahre später bezwangen die Münchner ihren großen Rivalen Borussia Dortmund mit 2:1.
Der 34-Jährige hatte das Kapitel bekanntlich nach der enttäuschenden EURO 2021 für sich beendet. Drei Jahre lang spielte er nicht für Deutschland.
Bis Nagelsmann anrief.
Sein erster Gedanke sei, "Ich bin doch nicht bescheuert!" gewesen, gab der ehemalige Bayern-Star nun via Instagram zu. Schließlich entschied er sich aber doch für das Comeback.
In mehreren Telefonaten mit dem Bundestrainer tauschten sich die beiden über den angedachten EM-Kader, Taktik und Statik des Spiels aus.
Kroos plante die Mannschaft also mit, die er dann im Turnier - mit punktgenauen Pässen aus einer Art Quarterback-Position heraus - anführte.
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Nagelsmann hat sich Vertrauen erarbeitet
Einen Spieler mit derart großem Einfluss zu ersetzen ist alles andere als leicht, gerade wenn die in Frage kommenden Alternativen zum Großteil noch sehr jung und auf oberstem Niveau unerfahren sind.
Es ist deswegen wahrscheinlich, dass der Bundestrainer auch das System der DFB-Elf leicht anpasst, die Last im Spielaufbau auf mehrere Schultern verteilt.
Ob er allerdings in der Mitte wieder auf - den bei der EM als Rechtsverteidiger sehr überzeugenden - Joshua Kimmich setzt, wie es Lothar Matthäus fordert, dürfte bezweifelt werden.
Gut für Nagelsmann: Nach dem tollen Turnaround seit seiner Inthronisierung ist das Vertrauen von Mannschaft und Fans in seine Arbeit, seine Ideen groß.
Der Trainer darf sich auf dem Weg zum angepeilten WM-Titel in zwei Jahren ausprobieren. Und genau das wird er tun.
Auch wenn es den ein oder anderen Rückschlag geben dürfte.