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"Sommermärchen"-Prozess: Kritik an DFB-Schatzmeister Grunwald
Die aktuelle Spitze des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) ist bei der juristischen Aufarbeitung der "Sommermärchen-Affäre" unter Druck geraten. Im Prozess zu den Geldflüssen rund um die WM 2006 vor dem Landgericht Frankfurt/Main wurde DFB-Schatzmeister Stephan Grunwald am Donnerstag von der Vorsitzenden Richterin Eva-Marie Distler für seinen zurückliegenden Vorstoß hinsichtlich der Steuerthematik heftig kritisiert.
"Die versuchte Einflussnahme des DFB ist im deutschen Rechtsstaat sehr ungewöhnlich", sagte Distler am 19. Verhandlungstag: "Es wäre nicht der erste Schatzmeister, der mit unbedachten Äußerungen in Schieflage gerät." Zudem wurde Grunwald von Distler vielsagend als "zumindest aktueller" Schatzmeister des DFB bezeichnet.
Hintergrund sind Gespräche Grunwalds im November des vergangenen Jahres mit dem hessischen Finanzministerium, über die Grunwald die Oberstaatsanwaltschaft schriftlich informiert hat. Dabei ging es um die Aberkennung der DFB-Gemeinnützigkeit für die Jahre 2006, 2014 und 2015.
Grunwald beklagte in diesem Zusammenhang, dass der DFB deshalb 50 Millionen Euro zurückstellen musste, was die Arbeit des Verbands gefährde. Das Gespräch mit der Finanzverwaltung sei zur "steuerlichen Befriedung" und "Beschleunigung" geführt worden. Der DFB bestätigte, dass zu Beginn des Schreibens auch 2006 erwähnt wurde, inhaltlich gehe es aber nur um 2015 und 2015.
DFB-Anwalt Jan Olaf Leisner verteidigte das Vorgehen Grunwalds. Dies sei in der Folge zahlreicher gescheiterter Versuche der Verständigung geschehen. Beim DFB sei "niemand so töricht", auf ein Strafverfahren "Einfluss nehmen zu wollen".
Mit Blick auf die am Mittwoch bekannt gewordene Klage des DFB gegen seinen früheren Präsidenten Theo Zwanziger habe der Verband laut Leisner kaum eine andere Wahl gehabt. Der DFB gehe zwar nach wie vor davon aus, dass keine Steuerhinterziehung vorliege, falls dies aber doch der Fall sein sollte, müsse der DFB Schadenersatz geltend machen. Das dürfe nicht verjähren.
Beim Prozess in Frankfurt geht es unter anderem um die ominösen 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe für eine Gala deklariert wurden. Das Geld wurde 2005 vom WM-Organisationskomitee über den Weltverband FIFA mutmaßlich an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von WM-Chef Franz Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den ehemaligen Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.
Der frühere DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gab am Donnerstag als Zeuge an, dass er damals wie heute keine Kenntnis über die Verwendung des Geldes habe.
Auf der Anklagebank sitzt nur noch Zwanziger. Ursprünglich mussten sich seit Anfang März 2024 auch Niersbach und Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt wegen des Verdachts der "Hinterziehung, bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB" verantworten.
Das Trio weist die Vorwürfe zurück. Das Verfahren gegen Niersbach war im August des vergangenen Jahres gegen eine Zahlung von 25.000 Euro an gemeinnützige Einrichtungen eingestellt worden. Schmidt bekommt wegen gesundheitlicher Probleme ein abgetrenntes Verfahren. Der Prozess wird am Montag mit der Einlassung Zwanzigers fortgesetzt.