WM-Qualifikation
DFB-Team schlägt Nordirland: Die Erkenntnisse zum Spiel - Rückkehr der deutschen Tugenden, Comeback von Manuel Neuer vom Tisch
- Veröffentlicht: 14.10.2025
- 10:56 Uhr
- Chris Lugert
Mit einem hart erkämpften Sieg in Nordirland stößt die deutsche Nationalmannschaft das Tor zur WM weit auf. Die Erkenntnisse aus dem Spiel.
Von Chris Lugert
Die deutsche Nationalmannschaft macht durch einen mühsamen 1:0 (1:0)-Sieg in Nordirland einen großen Schritt Richtung WM-Teilnahme 2026. In der Knochenmühle Windsor Park beweist das DFB-Team die Grundtugenden, die zuletzt vermisst wurden, wenngleich die spielerische Qualität weitestgehend fehlte.
Außerdem betreibt Torwart Oliver Baumann Eigenwerbung und lässt die Rufe nach Manuel Neuer verstummen. In der Innenverteidigung hat sich unterdessen das Duo für die kommenden Monate gefunden - was Antonio Rüdiger wohl nicht gefallen dürfte.
ran hat drei Erkenntnisse zum Spiel gesammelt.
DFB-Team kann wieder die deutschen Tugenden
Die Niederlage in der Slowakei im September war deshalb ein solcher Einschnitt, weil sich selten zuvor eine deutsche Nationalmannschaft derart widerstandslos ergeben hatte. Es mangelte an den Grundtugenden des Fußballs, die gerade deutsche Teams immer gezeigt haben: Zweikämpfe, Laufbereitschaft, Einsatz.
Entsprechend sauer war Bundestrainer Julian Nagelsmann danach, in Nordirland war dieses Thema dann auch keines mehr. In der hitzigen Atmosphäre von Belfast, gegen einen Gegner, der das Spiel seinerseits als Kampf definierte, hielt das deutsche Team stark dagegen und nahm die Duelle an.
"Dass wir uns einlassen können auf solche Spiele, das ist der größte Lerneffekt, ein ganz wichtiger Schritt", stellte Nagelsmann dann auch fest. Das Fußballerische sei in Belfast zweitrangig gewesen. "Darüber haben wir mit der Mannschaft in Vorbereitung auf dieses Spiel gar nicht gesprochen, sondern es ging um andere Tugenden."
VIDEO: Aleksandar Pavlovic lobt "Kampfgeist" im Team
Die Zweikampfquote insgesamt sprach mit 53 zu 47 Prozent zwar leicht für Nordirland, dafür gewann die deutsche Mannschaft fast 60 Prozent der Luftduelle. "Dieses Einlassen auf eine gewisse Atmosphäre, auf eine gewisse Art von Spiel des Gegners und daraus dann auch eine gewisse Stärke gewinnen, das haben wir heute gemacht", betonte Nagelsmann.
Was allerdings auch einiges verrät. Denn diese Basics des Fußballs sollte jeder Spieler von sich aus mitbringen und mit gewissen Umständen und Atmosphären umgehen können. Dass in der Vorbereitung so ein Augenmerk darauf gelegt werden muss, spricht nicht unbedingt für die Mannschaft.
Und dennoch: Im Vergleich zum September waren hier deutliche Fortschritte zu erkennen. Dass die deutsche Mannschaft sich Siege wieder erarbeiten kann, wenn es spielerisch nicht läuft, ist die wohl wichtigste Erkenntnis für alle Beteiligten.
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Diskussionen um Neuer-Comeback sind unnötig
Allerdings wäre das Narrativ wohl ein anderes, wenn in der Schlussphase Callum Marshall den Ausgleich für die tapferen Nordiren erzielt hätte. Dass es nicht so weit kam, lag an DFB-Torwart Oliver Baumann, der den Versuch des Angreifers mit einer guten Parade entschärfte.
Ohnehin machte Baumann in Belfast wieder einmal einen äußerst souveränen Eindruck. Er spielte unaufgeregt, sicher und ließ sich von der Atmosphäre nicht beeindrucken. Was übrigens für nahezu alle seine bisherigen Auftritte im Nationaltrikot gilt. Denn an Baumann lag es nicht, dass der Auftritt in der Slowakei dermaßen misslang.
Und doch wabert der Name Manuel Neuer wie ein Geist durch das Nationalteam, ein Comeback des Bayern-Keepers wird immer wieder diskutiert. Und das bekommt auch Baumann mit. "Jeder, der Mensch ist, kann sich sicher vorstellen, dass es ihn nicht kaltlässt", sagte Nagelsmann bei "RTL".
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Dabei macht Baumann das, was er selbst beeinflussen kann, um die Diskussion zu beenden: Leistung bringen, Fehler vermeiden, Paraden zeigen. "Wir haben von den letzten zehn Spielen keines verloren, weil wir einen schlechten Torhüter drin hatten", stellte Nagelsmann klar.
Zudem räumte er ein mögliches Neuer-Comeback mit einem Handstreich vom Tisch. "Meines Wissens ist Manu zurückgetreten, ich wundere mich, dass wir trotzdem jede Woche diskutieren", sagte er. Tatsächlich scheint es nun angebracht, Baumann in den kommenden Monaten das Vertrauen zu schenken.
Dass Marc-Andre ter Stegen noch einmal zurückkommt, ist alles andere als eine ausgemachte Sache. Neuer selbst erklärte jüngst seinen Rücktritt für endgültig. Und Baumann selbst gibt aktuell keinen Anlass, an ihm zu zweifeln. Diese Diskussionen gehören in die unterste Schublade und mit einem Schlüssel verriegelt.
Tah und Schlotterbeck stehen felsenfest - Rüdiger hat ein Problem
Zwei Spiele, kein Gegentor - das ist nicht nur eine Statistik, die den Torwart gut aussehen lässt, sondern auch die Innenverteidigung. Dass die Gegentorflut gegen Luxemburg und in Nordirland ihr Ende fand, lag sicher auch an der Qualität der Gegner. Aber zu einem ordentlichen Anteil auch am Comeback von Nico Schlotterbeck.
Der Dortmunder wurde nach monatelanger Pause wieder ins DFB-Team berufen und zeigte sofort, was ihn auszeichnet. Ein Fels in der Brandung defensiv, ein wichtiger Faktor in der Offensive mit seinen hervorragenden Diagonalbällen. Das Gesamtpaket Schlotterbeck ist aus der Startelf nicht wegzudenken.
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Das gilt auch für Jonathan Tah, der in Nordirland zwar das eine oder andere Mal etwas unglücklich aussah, aber sehr gut mit Schlotterbeck harmoniert. "Wir ergänzen uns super. Ich spiele sehr gerne mit ihm zusammen. Für mich ist das Spiel mit dem Ball vielleicht noch interessanter, dafür ist er der bessere Verteidiger", sagte der Dortmunder.
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Dieses gute Zusammenspiel sieht man auch auf dem Platz. Die große Prüfung gegen Angreifer von Weltformat haben beide noch zu bestehen, der Anfang aber ist gemacht. Mit Blick auf die WM im kommenden Jahr ist es wichtig, sich frühzeitig auf ein Pärchen festzulegen, um Automatismen zu entwickeln. Weshalb beide jetzt die Nase klar vorne haben dürften.
Was keine gute Nachricht für Antonio Rüdiger ist. Der Abwehrspieler von Real Madrid fehlte verletzungsbedingt und machte zuletzt im DFB-Dress keine gute Figur. Sein Stammplatz dürfte erst einmal weg sein, sofern Tah und Schlotterbeck fit bleiben und in ihren Vereinen nicht in ein riesiges Formloch rutschen.
Auch für andere Innenverteidiger ist der Weg in den Kader, geschweige denn in die Startelf, weiter geworden. Robin Koch steht aktuell bei Eintracht Frankfurt völlig neben sich. Und Waldemar Anton war im deutschen Team ohnehin nur selten mehr als ein Ergänzungsspieler.