Motorsport DTM
Nissen nimmt Stellung zu Aston-Martin-Ausschluss: "Bei uns kein Overboost"
Die Disqualifikation von Nicolas Baert nach dem sensationellen zweiten Platz im Sonntags-Qualifying der DTM auf dem Norisring sorgt bei der belgischen Aston-Martin-Truppe Comtoyou für Rätselraten. Der Sohn von Teambesitzer Jean-Michel Baert, der bislang meist am Ende des Feldes rangierte und in der ersten von zwei Qualifying-Gruppen sogar die Bestzeit fuhr, wurde nachträglich wegen eines sogenannten "Overboosts" - also zu viel Ladedruck - disqualifiziert.
Und das, obwohl beide Autos laut dem Team gleich eingestellt waren. "Wir haben irgendwo im System einen Fehler gemacht", erklärt Comtoyou-Sportdirektor Kris Nissen im Gespräch mit Motorsport-Total.com. "Die technischen Kommissare haben richtig gehandelt, weil sie gesehen haben, dass wir einen gewissen Overboost haben. Aber wir haben den bei unseren Daten nicht."
Eine Ladedruck-Überwachung durch das Team in Echtzeit ist in der DTM nicht möglich, da es keine direkte Datenübertragung zwischen Auto und Box gibt und das Team die Daten erst nach den Sessions über einen USB-Stick auslesen kann. Die Regelhüter greifen hingegen den Ladedruckverlauf über eigene Sensoren ab, die vom Team nicht einsehbar sind, um eine potenzielle Manipulation zu verhindern.
"Overboosts" bereits seit dem ersten Training
Da sogenannte "Overboosts" auch beim Überfahren der Randsteine oder Unebenheiten vorkommen können, wird eine gewisse Anzahl vom Deutschen Motor Sport Bund (DMSB), der die Einhaltung der Regeln überwacht, toleriert. Bei Comtoyou bewegte man sich schon vor dem zweiten Qualifying teilweise im Grenzbereich, in Baerts entscheidender Runde sei man dann laut dem DMSB mehrfach über dem Limit gewesen, was sich positiv auf die Motorleistung auswirkt.
"Wir hatten einen kleinen Overboost bei einem Auto im Freien Training 1. Das wurde aber im Freien Training 2 kontrolliert. Und dann ist es im Qualifying wieder aufgetreten, obwohl wir nichts geändert haben", wundert sich Nissen, der klarstellt, dass "beide Autos im Qualifying 1 und im Rennen 1 okay waren, und dass ein Auto im Qualifying 2 okay war und ein Auto nicht." Was genau die Ursache dafür war, sei unklar.
Sportdirektor Nissen: "Das muss man einfach glauben"
Und da sich das Team die Unregelmäßigkeiten nicht erklären könne, wusste man auch vor dem Sonntagsrennen nicht genau, wie man ein erneutes Auftreten verhindern kann. "Wir haben an dem einen Auto nichts gemacht, und an dem anderen Auto haben wir genau das gemacht, was sie uns gesagt haben", verweist Nissen auf die Herangehensweise nach der Disqualifikation in Absprache mit dem DMSB. "Und wir haben immer noch Schwankungen."
Wichtig sei aber "zu verstehen, dass wir von Qualifying 1 und Rennen 1 bis Qualifying 2 gar nichts geändert haben. Das muss man einfach glauben."
Nissen vergleicht das Problem mit zwei Rennmotoren, bei deren Aufbau man genau die gleichen Teile verwende, es aber trotzdem Unterschiede gibt. "Du wirst nicht den gleichen Motor haben. Vielleicht annähernd und es wird kein 100-PS-Unterschied sein, aber du hast einen kleinen Unterschied."
Baert fuhr im Rennen zweitschnellste Rundenzeit
Der dänische Ex-Volkswagen-Motorsportchef betont aber, dass der Leistungsvorteil Baerts im Qualifying nur marginal gewesen sei und es sich beim Regelverstoß um "ein Versehen" gehandelt habe. "Nico Beart ist die zweitschnellste Zeit im Rennen gefahren", verweist er auf die 49.180, die nur von Sieger Thomas Preining (49.141) übertroffen wurde.
"Wir reden hier nicht darüber, dass jemand ein Auto eine halbe Sekunde schneller gemacht oder 50 Kilo aus dem Auto genommen hat. Wir bewegen uns vielleicht im Bereich von ein paar Hundertstel."
Dennoch gäbe es an der Disqualifikation für Nissen nichts zu rütteln: Auch wenn das Team auf die Sensorendaten der SRO Motorsports Group keinen Zugriff habe, "ändert das nichts daran, dass diese Daten bestimmen, ob das Fahrzeug laut der momentan festgelegten BoP drinnen oder draußen ist. Wir reden auch nicht darüber, ob es ein bisschen drüber ist. Das ist schwarz oder weiß."
Für das Team sei die Disqualifikation und der Verlust des zweiten Startplatzes zwar "eine Enttäuschung" gewesen, man habe aber "riesige Fortschritte gemacht". Dafür bedankt sich Nissen bei der von Francois Verbist geführten Truppe. "Es war für uns alle schön zu sehen, dass wir jetzt mitfahren können und nicht einfach hinterher tuckern und drauf warten, bis andere ausfallen."