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Schwimmen

Groß: Olympiasieger nur noch "hero for one day"

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© IMAGO/Sven Simon/SID/IMAGO

Auf der Straße wird Michael Groß immer noch erkannt - mitunter zum Leidwesen der jetzigen Topsportler. "Ich nenne jetzt keine Namen, aber ich war im Herbst mit einem aktuellen Olympiasieger unterwegs, und wer wird angesprochen? Ich. Das ist doch kurios", sagte der ehemalige Schwimmstar im Gespräch mit dem Sport-Informations-Dienst (SID) und fügte an: "Man hat als Olympiasieger heutzutage extreme Schwierigkeiten, medial durchzudringen."

Das liegt für den dreimaligen Olympiasieger vor allem an den Sozialen Medien. "Wie viele Follower hat ein Lukas Märtens auf Instagram? Jede Beauty-Influencerin hat vermutlich mehr als die Sportlerin des Jahres", sagte der 60-Jährige, der am Samstag auf dem Ball des Sports mit der Goldenen Sportpyramide für sein Lebenswerk ausgezeichnet wird: "Auch ein Oliver Zeidler, Sportler des Jahres, ist letztlich 'hero for one day'."

Groß, der in den Achtzigerjahren als "Albatros" große Popularität erfuhr, wundert sich, wenn aktuelle Spitzensportler sagen, "dass sich durch den Olympiasieg letztlich nichts geändert" habe. "Das ist das Höchste im Sport, das wird man nicht durch Murmeln, sondern durch jahrzehntelanges Training", betonte der fünfmalige Weltmeister und viermalige Sportler des Jahres. "Wenn man in der Fußgängerzone nach einem Olympiasieger von Paris fragen würde, könnten das wohl weniger als 50 Prozent beantworten. Und wahrscheinlich werden Leute genannt, die gar nicht Olympiasieger sind."

Dass das öffentliche Interesse nachgelassen hat, liege aber auch an den Sportarten selbst. Zu seiner Zeit seien die deutschen Meisterschaften deutlich wichtiger gewesen als heute, weil es auch für die Stars um die Qualifikation für WM oder Olympia ging. Heute verstecke man sich. "Irgendwo wird mal eine Qualifikationszeit geschwommen, nach der Meldung muss man aber schon suchen. So funktioniert das nicht", sagte Groß, der als Unternehmensberater arbeitet und als Honorarprofessor an der Goethe-Universität in Frankfurt lehrt. "Wenn bei deutschen Meisterschaften Weltrekorde geschwommen werden, kommen auch die Medien. Es ist ein absolutes Manko im deutschen Schwimmsport, dass der nationale Wettbewerb keinen Wert hat."

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