Bundesliga
BVB: Nuri Sahin ist nicht das Hauptproblem von Borussia Dortmund – ein Kommentar
- Veröffentlicht: 17.01.2025
- 23:57 Uhr
- Justin Kraft
Borussia Dortmund sinkt immer weiter in die Krise. Doch Nuri Sahin ist nicht das Hauptproblem des BVB. Ein Kommentar.
"Ich habe schon eine andere Ansicht zur Qualität dieser Mannschaft", sagte Sebastian Kehl nach der 0:2-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt in der Bundesliga bei "DAZN". Ein Satz, den er aus zwei Gründen sagen muss: Erstens hat er diesen Kader zusammengestellt und zweitens wäre es ein schwieriges Statement, öffentlich dem Team die grundlegende Qualität abzusprechen.
Doch ist er wirklich noch überzeugt davon, dass diese Mannschaft so viel mehr kann als das, was sie eben zeigt? Auch bei Nuri Sahin versuchte Kehl, sich vor den Trainer zu stellen.
"Wir machen in dieser Konstellation weiter", erklärte er. Dennoch schaue man jetzt von Spiel zu Spiel. Eine langfristige Garantie konnte er dem 36-Jährigen aber nicht aussprechen.
Noch vor der Partie berichtete die "SZ", dass es in der Führungsetage beim BVB einige kritische Stimmen gibt, die gern noch vor dem Champions-League-Spiel gegen Bologna am Dienstag einen Trainerwechsel sehen würden.
Das Wichtigste in Kürze
Es ist die normale und zu erwartende Reaktion auf eine sportliche Krise, dass jetzt hauptsächlich der Trainer diskutiert wird. Doch damit dreht sich der BVB im Kreis.
Nuri Sahin ist nicht das Hauptproblem des BVB
Denn die hauptsächliche Ursache für die Krise ist nicht Sahin. Wenn sich Lars Ricken und Sebastian Kehl die regelmäßigen Leistungen von Ramy Bensebaini, Emre Can, Felix Nmecha oder anderen BVB-Profis anschauen und zu dem Schluss kommen, dass man damit den eigentlichen Ansprüchen des Klubs gerecht werden kann, wenn es auf der Trainerbank passt, dann muss man ihnen vor allem eines unterstellen: Fehlende Selbstkritik.
Seit Jahren wirtschaftet der BVB sich in der Kaderplanung Schritt für Schritt selbst herunter. Zunächst redete man sich selbst ein, dass es Mentalitätsspieler brauche. Dann versuchte man, dem damals jungen Kader mit erfahrenen Spielern Halt zu geben. Immer mehr entfernte sich Dortmund von der eigenen Identität – zunächst in der Einkaufspolitik und letztlich auch fußballerisch, weil die Spielertypen immer weniger zum einst so schnellen und technisch anspruchsvollen Spiel passten.
Der heutige Kader ist voll mit maximal durchschnittlichen Bundesliga-Spielern. Was allerdings bis auf Jamie Gittens fehlt sind junge Spieler, die das Potenzial zum Senkrechtstarter haben. Es ist vielleicht die schlimmste Konsequenz aus der verfehlten sportlichen Planung der letzten Jahre, dass man für die Toptalente in Europa nicht mehr die erste Anlaufstelle ist.
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BVB wird immer mehr zur grauen Maus
In den 2010er Jahren entwickelte sich Dortmund zum spannendsten Fußballprojekt Europas, das den Toptalenten einen Zwischenschritt auf sehr hohem Niveau anbieten konnte, bevor es zu einem Topklub ging. Der BVB sicherte sich Talente, die Bayern, Madrid und Co. gern gehabt hätten. Sie hatten vielleicht kein Monopol auf solche Spieler, aber eine Art Vormachtstellung.
Und genau die ist längst dahin. Als junger Spieler entscheidet man sich heute eher für Eintracht Frankfurt oder Bayer Leverkusen, wenn es nicht in die Premier League gehen soll. Und hier liegt das große Versäumnis. Nicht beim Trainer.
Dass die Trainer der letzten Jahren mit einem schlecht zusammengestellten Kader eher mäßige Erfolge einfuhren, verwundert kaum. Natürlich kann man Sahin bei der Kritik nicht außen vor lassen. Natürlich ist auch für ihn irgendwann der Zeitpunkt gekommen, an dem die Mannschaft ihm nicht mehr vertraut und die üblichen Mechanismen greifen.
Aber was dann? Dann wird ein neuer Trainer sich die Zähne an diesem Klub ausbeißen, der endgültig in der Graumäusigkeit der Bundesliga zu versinken droht. Vor diesem Hintergrund ist es fast schon ein Treppenwitz, dass erst kürzlich im kompletten Kontrast zu allen Kritikpunkten der Vertrag von Kehl erneut verlängert wurde.