FCB wartet im DFB-Pokal
Mainz 05 vs. FC Bayern - Nadiem Amiri: "Man hat wieder Respekt vor den Bayern"
- Aktualisiert: 30.10.2024
- 11:41 Uhr
- Oliver Jensen
Im Interview mit ran spricht Mainz-Profi Nadiem Amiri über die mögliche Herangehensweise gegen den FC Bayern, die schwierigste Phase seiner Karriere und den Weg in den Profifußball.
Von Oliver Jensen
In Leverkusen nur Joker, in Mainz gesetzt: Nadiem Amiri blüht als Nullfünfer wieder auf und möchte nun die Münchner ärgern. Die Rheinhessen empfangen am Mittwoch (ab 20:45 Uhr im ran-Liveticker) den Rekordmeister. Das letzte Duell entschied der FC Bayern auf Ligaebene mit 8:1 (!) für sich.
Auf der FCB-Trainerbank sitzt anstelle von Thomas Tuchel diesmal Vincent Kompany. Im ran-Interview lobt Amiri den Belgier in höchsten Tönen, meint allerdings gleichzeitig zu wissen, wie man sein Team schlagen könnte. Außerdem verrät der 28-Jährige, welches Argument ausschlaggebend für seine Leihe nach Italien war und lässt beim Thema Nationalmannschaft aufhorchen.
ran: Herr Amiri, hätten Sie in der 2. Runde lieber ein einfacheres Pokal-Los als den FC Bayern München gehabt? Oder wie war Ihre Reaktion, als das Los gezogen wurde?
Amiri: Also ich habe mich eher gefreut, weil das ein geiles Spiel gegen einen geilen Gegner ist. Meine Denkweise ist eh: Wenn du etwas erreichen willst, musst du an allen Mannschaften vorbei. Daher habe ich Lust auf das Spiel und eine große Vorfreude.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Sie haben bereits 13 Mal gegen den FC Bayern gespielt, haben dreimal gewonnen, zweimal Unentschieden gespielt und achtmal verloren. Welche Spiele gegen Bayern sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Amiri: Jeder Sieg gegen Bayern war besonders. Aber wenn ich jetzt ein Spiel herausheben soll, ist es der erste Sieg mit Hoffenheim gegen Bayern gewesen (im April 2017 mit 1:0, Anm. d. Red.). Damals haben wir zum ersten Mal in der Geschichte von Hoffenheim gegen Bayern gewonnen. Das ist uns dann sogar zweimal hintereinander gelungen (im September 2017 mit 2:0, Anm. d. Red.).
Amiri verrät Erfolgsrezept gegen den FC Bayern
ran: Können Sie aus Ihrer Erfahrung heraus sagen, was ein Erfolgsschlüssel gegen den FC Bayern sein kann?
Amiri: Man muss mutig mit dem Ball sein, mutig gegen den Ball, aggressiv spielen und sich voll reinhauen. Es muss jeder von uns 120 Prozent geben, um etwas zu erreichen an dem Tag.
ran: Wer war der unangenehmste Gegenspieler vom FC Bayern, dem Sie jemals gegenüberstanden?
Amiri: Es gab viele gute Gegenspieler, aber der unangenehmste war Douglas Costa. In der Phase damals - seinem ersten Jahr in München - war er wahrscheinlich der beste Spieler der Liga. Er war einfach zu schnell, zu wendig und zu stark.
ran: Was für einen Eindruck haben Sie von dem neuen FC Bayern unter Trainer Vincent Kompany?
Amiri: Man hat das Gefühl, dass Bayern wieder zurück ist, dass Bayern wieder dominant ist. Sie haben bislang in der Liga gut losgelegt. Man hat auf jeden Fall wieder Respekt vor den Bayern. Sie haben eine echt gute Mannschaft zusammen.
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"Glauben zurückgebracht" - Lob für Bo Henriksen
ran: Der 1. FSV Mainz 05 war vergangene Saison abstiegsbedroht und schaffte erst die Wende, als Bo Henriksen die Mannschaft am 22. Spieltag übernahm. Inwiefern hat sich der Spielstil der Mannschaft seitdem verändert?
Amiri: Er hat uns vor allem den Glauben zurückgebracht und viel positive Energie eingebracht. Und letztendlich haben wir auf dem Platz uns auch selbst die Energie wiedergeholt, das Selbstvertrauen geholt, und seitdem läuft es auch wieder ganz gut.
ran: Haben Sie eigentlich bestimmte Rituale vor einem Spiel?
Amiri: Ich gehe immer ein Tag vor einem Spiel zum Friseur. Ansonsten: Ich telefoniere im Mannschaftsbus auf dem Weg zum Stadion immer noch einmal mit meiner Familie, dann beten – ansonsten nichts.
ran: Wie entstand das Ritual mit dem Friseurbesuch?
Amiri: Ich mag es einfach, mich zu pflegen. Schließlich werden die Spiele im Fernsehen übertragen und viele Leute schauen zu. Daher ist es mir wichtig, einen gepflegten Eindruck zu machen.
Amiri schwärmt: Nagelsmann "fachlich überragend"
ran: Sprechen wir über Ihren Werdegang: Sie entsprangen dem Nachwuchs der TSG Hoffenheim und wurden dort Profi. Unter Julian Nagelsmann absolvierten Sie 95 Bundesligaspiele. Wie war Ihr Eindruck von ihm, als er zum Cheftrainer des TSG befördert wurde und die Mannschaft in einer schwierigen Situation übernahm?
Amiri: Ich hatte ihn ja vorher schon bei der U19 als Trainer. Als er dann zum Trainer der Profis ernannt wurde, kannte ich ihn daher schon. Er ist fachlich überragend und auch menschlich in der Führung der Spieler sehr, sehr gut.
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ran: Er übernahm Hoffenheim damals in einer schwierigen Situation, als der Abstieg fast schon unvermeidbar erschien. Unter seiner Leitung gelang dann die Wende…
Amiri: Er hat uns einfach einen guten Plan mitgegeben. Wir hatten gute Spieler und waren eigentlich eine gute Mannschaft. Mit einem klaren Plan von Julian bekamen wir das Vertrauen zurück. Das war ähnlich wie jetzt in Mainz mit Bo.
DFB-Team? Offensiv-Akteur lässt Zukunft offen
ran: Jetzt ist Nagelsmann Trainer der deutschen Nationalmannschaft. Wie groß ist Ihre Hoffnung, unter ihm vielleicht wieder für das DFB-Team spielen zu können? Gab es bereits Kontakt mit ihm?
Amiri: Seitdem er Bundestrainer ist, gab es keinen Kontakt, aber man hat sich immer mal wieder in der Zwischenzeit gesehen, hat sich dann gefreut und ein bisschen unterhalten. Ich denke, der Schlüssel zurück in die Nationalmannschaft ist einfach meine Leistung auf dem Platz. Ich versuche in jedem Spiel, das Beste herauszuholen. Was dabei herauskommt, wird man sehen.
ran: Sie haben bei Bayer Leverkusen zeitweise unter Xabi Alonso gespielt, der den Verein im Abstiegskampf übernahm und schlussendlich zur Meisterschaft führte. Wie war Ihr Eindruck von ihm?
Amiri: Xabi hat natürlich eine besondere Aura durch seine Karriere. Wenn er dir etwas erzählt, glaubst du das sofort, weil er als Spieler alles erreicht und selber durchgemacht hat. Und auf dem Trainingsplatz war er fachlich überragend
Peter Bosz der Grund für Amiri-Leihe nach Italien
ran: Die Rückrunde der Spielzeit 2021/2022 verbrachten Sie in Italien, als Sie an den Genua CFC ausgeliehen waren. Wie blicken Sie auf dieses Halbjahr, in dem Sie unter anderem gegen Juventus Turin gewannen, zurück?
Amiri: Italien war eine tolle Erfahrung. Es hat sehr, sehr viel Spaß gemacht. Alles war für mich komplett neu, auch die Liga und die Gegner. Am Ende war es natürlich unglücklich, dass wir abgestiegen sind. Aber es hat trotzdem brutal Spaß gemacht. In Deutschland ist zwar das Tempo viel höher, aber dafür waren in Italien die Zweikämpfe giftiger und das Taktische stand noch mehr im Mittelpunkt.
ran: Sie sind nicht der Einzige in Ihrer Familie, der eine Fußballkarriere anstrebte. Ihr Cousin Zubayr spielte unter anderem für den Nachwuchs von Eintracht Frankfurt, ihr Bruder Nauwid war unter anderem für Waldhof Mannheim aktiv. Doch nur Sie wurden Bundesligaprofi. Hatten Sie einfach mehr Talent oder in manchen Karrierephasen auch mehr Glück?
Amiri: Ich habe von beiden viel mitgenommen. Sie konnten mich zum Beispiel auch vor den negativen Erfahrungen warnen, die sie zuvor gemacht haben. Ohne meinen Bruder, meinen Cousin und meine Eltern hätte ich das nicht geschafft.
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ran: Welche negativen Erfahrungen meinen Sie?
Amiri: Dass man, wenn man durch schwierige Phasen geht, oft nicht spielt, trotzdem den Glauben an sich behält und jeden Moment Spielzeit nutzen muss.
ran: Was war für Sie persönlich die schwierigste Phase Ihrer Karriere?
Amiri: Ich würde sagen, meine schwierigste Phase war in Leverkusen zu dem Zeitpunkt, als Peter Bosz die Mannschaft übernahm, weil ich unter ihm fast überhaupt nicht mehr gespielt habe. Ich habe im Training immer alles gegeben, aber offenbar stand der Trainer nicht auf mich. Das ist auch okay. Aber natürlich ist man teilweise ein bisschen verzweifelt. Das nimmt man auch in das Privatleben mit. Man denkt sich halt: Man gibt im Training alles, man trainiert super, wenn man reinkommt, spielt man gut – aber es hat unter dem Trainer dann einfach nicht gereicht. Daher kam auch die Ausleihe nach Italien zustande.
Ex-Leverkusener überrascht bei Kompromisse-Frage
ran: Noch einmal zurück zu Ihrem Weg in den Profifußball. Welche Entbehrungen muss man vor allem in der Jugend in Kauf nehmen, um sich den Traum von der Bundesliga eventuell zu erfüllen?
Amiri: Du kannst halt nicht so viel machen, kannst nicht feiern gehen und all die Sachen unternehmen, die andere Jugendliche in unserem Alter gemacht haben. Man ist immer unterwegs, hat Spiele und Turniere zu bestreiten. Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Die Turniere und die Spiele haben mir viel mehr Spaß gemacht, als draußen abzuhängen. Wir mussten für den Fußball auf die normalen Dinge verzichten, haben dafür aber viel spannendere Sachen gemacht.
ran: Haben Sie Mitspieler erlebt, die ebenfalls viel Talent hatten, allerdings nicht so fokussiert waren und deshalb gescheitert sind?
Amiri: Ja, 100-prozentig. Der Fokus muss komplett beim Fußball sein. Wenn man jung ist, hat man viel Ablenkung und möchte vielleicht einfach andere Sachen unternehmen. Ich glaube, wer in dieser Phase diszipliniert bleibt, den Glauben und den Fokus nicht verliert, der kann es schaffen.