Formel 1
Formel 1: Nico Hülkenberg gelingt Meisterstück in Silverstone - das "überfälligste Podium der Historie"
- Veröffentlicht: 06.07.2025
- 20:17 Uhr
- Marcus Giebel
Nico Hülkenberg ist nicht mehr der Fahrer mit den meisten Formel-1-Rennen ohne Podiumsbesuch. In Silverstone nutzt der Sauber-Pilot die Gunst der Stunde und zeigt einmal mehr, was er aus unterlegenen Fahrzeugen rausholen kann.
Die Extra-Meter nahm Nico Hülkenberg gerne in Kauf. Und zwar mit einem breiten Grinsen im Gesicht. Denn der Weg, den er unter dem tosenden Jubel der Fans nahm, führte ihn auf das Podium.
Der Lohn für Platz drei beim Grand Prix von Silverstone. Nach einem nervenaufreibenden Nachmittag, der so viel besser endete als es sich der Sauber-Pilot und alle, die ihm die Daumen drückten, vorher ausgemalt hatten.
Die scheinbar ewige Jagd nach dem Formel-1-Treppchen endete dort, wo die Königsklasse des Motorsports einst ihre Geburtsstunde erlebte. Nach 15 Jahren oder 5593 Tagen, diversen Teamwechseln, einigen Rückschlägen, Jahren ohne Stammcockpit und 238 vergeblichen Anläufen.
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Im 239. Versuch war es endlich so weit. Erstmals erlebte "Hülk" eine Siegerehrung auf dem Podium mit, wurde mit einem Pokal geehrt, durfte Champagner verspritzen.
Und niemand wollte seinem Teamchef Jonathan Wheatley – der schon Titel mit Benetton, Renault und Red Bull feierte – widersprechen, als er bei "Sky" betonte, die Motorsport-Welt habe gerade das "überfälligste Podium der Formel-1-Historie" erlebt.
Der Brite feierte seinen Fahrer für "ein Meisterstück" und attestierte ihm "eine unglaubliche Performance".
Das Wichtigste in Kürze
Formel 1: Hülkenberg in Silverstone von Platz 19 auf Rang drei
Auch das war keineswegs übertrieben. Von Platz 19 ins Rennen gegangen, arbeitete sich Hülkenberg auf leisen Sohlen langsam nach vorne – auch begünstigt von Wetterkapriolen und Patzern der Konkurrenz.
Aber gerade bei teilweise unvorhersehbaren äußeren Bedingungen werden Helden geboren. Die Performance-Unterschiede zwischen den Fahrzeugen erscheinen kleiner, der Einfluss der Piloten wird umso größer.
Und Hülkenberg galt schon immer als Fahrer, der mehr aus einem Auto herauszuholen vermag, als vermeintlich drinsteckt. Was er in dieser Saison schon mehrmals bewies: Zum Auftakt in Australien raste er ebenfalls bei widrigem Wetter auf Rang sieben, seit dem fünften Platz in Spanien folgten Platz acht in Kanada und Rang neun vor einer Woche in Österreich.
An Hülkenberg in den Punkten hatte sich die F1-Welt also längst gewöhnt. Doch nun folgte eben jenes Meisterstück, bei dem er schon nach der ersten Safety-Car-Phase 14 Positionen gut gemacht hatte.
Als sich Weltmeister Max Verstappen nach dem Restart rausdrehte, musste Hülkenberg nur noch Lance Stroll überholen, um auf den Podiumsplatz vorzupreschen – was ihm einige Runden später auch gelang.
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Hülkenberg lässt Hamilton hinter sich: "Heute ist es auch mein Tag"
Nur Lewis Hamilton schien bei Hülkenbergs Treppchen-Träumen noch dazwischenfunken zu können. Der Rekordweltmeister, mit weitem Abstand Rekordsieger von Silverstone und auch Gewinner aus dem Vorjahr.
Doch Hülkenberg ließ sich die Chance nicht mehr nehmen. Im offiziellen Interview berichtete er, im Cockpit habe es sich schon besonders angefühlt, ausgerechnet vom britischen Superstar um den Kurs gejagt zu werden. Doch er habe sich gedacht: "Sorry, Leute, aber heute ist es auch mein Tag."
Die Fans an der Strecke konnten es ihm verzeihen, wie der Jubelsturm offenbarte. Wann wurde jemals ein dritter Platz so gefeiert? Müßig zu erwähnen, dass Hülkenberg die Wahl zum Fahrer des Tages für sich entschied.
An das Podium geglaubt habe er aber erst nach dem letzten Stopp: "Es war über einen Großteil des Rennens ein Überlebenskampf." Und viele Kontrahenten blieben auf der Strecke. Oder verließen diese unfreiwillig.
So staunte der 37-Jährige, der sich nur den beiden übermächtigen McLaren von Lando Norris und Oscar Piastri geschlagen geben musste, hinterher: "Um ehrlich zu sein, ist es ziemlich surreal. Ich weiß gar nicht, wie das alles passieren konnte."
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Hülkenberg überrascht in Silverstone: "Ich hatte es irgendwo in mir"
Natürlich habe ihm auch die richtige Strategie zu dem Coup verholfen. Die Boxenstopps zur richtigen Zeit. Die perfekte Reifenwahl, bei der man sich angesichts der Turbulenzen schonmal verpokern konnte.
Aber den Job im Fahrzeug musste letztlich er selbst machen. Was bravourös gelang. Hülkenberg betonte aber auch, dass er nicht total überrascht sei: "Ich hatte es irgendwo in mir."
Das Podium. Dieses historische Podium. Niemand fuhr vor ihm so viele F1-Rennen, ohne einmal auf dem Treppchen zu landen. Zur Wahrheit gehört auch, dass es ohnehin nur 14 Piloten gibt, die an mehr Grands Prix teilgenommen haben – was dann auch eine Auszeichnung ist.
Und es kommen für ihn ja noch einige hinzu. Hülkenbergs Zukunft in der Königsklasse wäre auch ohne das Podium von Silverstone gesichert gewesen. Im vergangenen Jahr unterschrieb er langfristig bei Sauber, das ab kommendem Jahr als Audi-Team an den Start gehen wird.
Der Emmericher soll das ambitionierte Projekt vorantreiben. Und den Ingolstädtern zum Start in eine neue F1-Ära zu einer ähnlichen Aufholjagd verhelfen wie Sauber an diesem Sonntag.
Die aktuelle Saison war eher als Übergangsjahr angesehen worden. Jeder mitgenommene Punkt schien schon als großer Erfolg verbucht werden zu können. Doch nicht mit Hülkenberg. Dem scheinbar ewigen Jäger des Podiums. Mittlerweile steht er bei 37 Zählern.
"Es hat dann doch einige Zeit gedauert", stellte er nach getaner Arbeit fest: "Ich bin sehr, sehr glücklich." Und sicher auch sehr, sehr hungrig. Auf weitere Podiumsplätze.