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Thomas Helmer exklusiv vor FC Bayern gegen Borussia Dortmund: "Keine Schwachstelle bei den Bayern"
- Aktualisiert: 17.10.2025
- 13:53 Uhr
- Jan Horstkötter
Vor dem deutschen Klassiker FC Bayern gegen Borussia Dortmund spricht Thomas Helmer mit ran über das Duell der beiden Bundesliga-Größen, die Gerüchte um Nico Schlotterbeck und den Unterschied zwischen Harry Kane und Serhou Guirassy.
Von Jan Horstkötter
Am Samstag ist es wieder so weit. Die nächste Auflage des deutschen Klassikers steht an. Der FC Bayern München trifft auf Borussia Dortmund (ab 18:30 Uhr im Liveticker).
Dabei sind beide Teams nach sechs Spieltagen noch ungeschlagen. Der FC Bayern grüßt mit sechs Siegen von der Bundesliga-Tabellenspitze. Der BVB liegt nach zwei Unentschieden vier Punkte dahinter.
ran hat vor der Partie mit Thomas Helmer gesprochen. Der frühere Nationalspieler kennt beide Vereine gut. Von 1986 bis 1992 lief er für Borussia Dortmund auf und wechselte im Anschluss für sieben Jahre zum FC Bayern.
Dabei spricht Helmer über die aktuelle Situation beider Teams, die Lage rund um Nico Schlotterbeck und den Vergleich zwischen Harry Kane und Serhou Guirassy.
ran: In den vergangenen Jahren war der Klassiker wieder deutlich enger. Zuletzt zwei Unentschieden und ein BVB-Sieg nach der Bayern-Dominanz in den Jahren zuvor. Wie schätzen Sie das Duell in diesem Jahr ein?
Thomas Helmer: Dortmund ist die Mannschaft, die im Moment die Bayern vielleicht mal ärgern könnte. Das glaube ich schon. Saisonübergreifend haben sie lange nicht verloren, ähnlich wie die Bayern. Das spricht zumindest dafür, dass es Dortmund gelingen könnte. Allerdings gehen die Bayern für mich trotzdem als Favorit in dieses Spiel.
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BVB ist abhängig von Guirassy
ran: Statistisch sehen wir nach sechs Spieltagen die beiden besten Abwehrreihen der Liga (drei bzw. vier Gegentore) - wie stabil sind beide Teams hinten wirklich?
Helmer: Ich habe die Bayern live in Augsburg gesehen. Da haben sie einmal gewackelt, aber nur, weil sie viele Torchancen vorher nicht genutzt haben. Da hätten sie auch vorher schon den Sack zumachen können. Das war eigentlich ungewöhnlich.
Ich glaube natürlich immer, nicht nur, weil ich selbst Abwehrspieler war, dass es sehr wichtig ist, dass die Defensive sehr gut funktioniert und sehr gut steht. Und das machen beide Mannschaften aktuell echt gut. Das muss man einfach sagen.
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ran: Wo kann der BVB dem FC Bayern am Wochenende wehtun?
Helmer: Eine Schwachstelle bei Bayern gibt es aktuell keine! Ich sehe bei den Bayern aktuell selbst die Linksverteidiger-Position, die vielleicht vakant war nach der Verletzung von Alphonso Davies – Stanisic hatte da ja auch mal gespielt – keine Probleme. Konrad Laimer macht das da aktuell sensationell.
Ich glaube, dass bei Dortmund viel davon abhängt, wie frisch Guirassy aus der Länderspielpause gekommen ist. Ich glaube schon, dass Dortmund eine gewisse Abhängigkeit von ihm hat, was die Offensive angeht. Bei den Bayern ist diese Offensive immer auf mindestens vier Leute verteilt, mit Diaz, Olise, Kane und jetzt auch Gnabry, der sehr gut spielt.
ran: Welche Vorteile haben die Bayern momentan gegenüber Dortmund?
Helmer: Wenn man die Bayern in der Liga aktuell sieht, dann ist man schon beeindruckt. Was die da aktuell mit aller Konstanz liefern. Ich sehe bei den Bayern aktuell wirklich keinen Schwachpunkt. Sie funktionieren als Mannschaft aktuell wunderbar, aber auch jeder Einzelne ist für mich wirklich gut in Form.
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Auch die Kader-Breite kaum eine Schwachstelle beim FC Bayern
ran: Ist der etwas dünne Kader des FC Bayern dann vielleicht die einzige Schwachstelle des Rekordmeisters?
Helmer: Das ist für mich auch keine Schwachstelle. Wahrscheinlich werden sie im Frühjahr nicht mehr alles so auf diesem Niveau spielen können, wenn sie weiter so spielen. Allerdings sieht man auch, dass eine Mannschaft, die länger zusammenspielt und sich sehr gut kennt, jetzt auch nicht unbedingt von Nachteil ist, das kann auch Vorteile haben. Immer zu rotieren ist auch nicht der Garant dafür, dass man erfolgreich ist. Ich finde, gerade das zeigt die Mannschaft sehr souverän.
Es kommen mit Jamal Musiala und Alphonso Davies irgendwann zwei sehr, sehr wichtige Spieler, wenn nicht mit die wichtigsten, zurück. Die natürlich erst einmal aus einer Verletzung kommen. Aus einer sehr langen, das wird dann ein bisschen dauern. Aber dann gibt es auch noch die Jungen hintendran. Mit Karl, mit Bischof. Da gibt es noch einige.
Also ganz so dramatisch würde ich die Kader-Situation nicht sehen. Ich glaube, die Diskussion kam nur auf, weil Nick Woltemade und Florian Wirtz gesagt haben‚ 'wir gehen woanders hin'. Aber auch das sieht man im Moment, ist kein Nachteil.
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ran: Mit Serhou Guirassy und Harry Kane treffen zwei der besten Stürmer der Welt am Samstag aufeinander. Wo haben die beiden jeweils ihre Qualitäten und wie unterscheiden sie sich?
Helmer: Ich würde mich riesig freuen, wenn Kane mein Mitspieler wäre. Ich habe ihn in Augsburg gesehen, auch in der Defensive. Der ist mit zurückgelaufen, als er gemerkt hat, es wird eng und ein knappes Spiel. Dann klärt der hinten Kopfbälle, macht Räume zu. Hat in dem Spiel auch als Vorbereiter geglänzt, nicht als Torschütze. Lässt sich geschickt fallen, stellt den Körper immer rein. Ich finde, er ist für die Mannschaft ungemein wichtig.
Dazu trifft er auch immer regelmäßig und konstant und da ist er sicherlich einen Schritt weiter als Guirassy, der vor dem Tor mit seinem Killerinstinkt Kane in nichts nachsteht. Der auch schon nervenstark ist. Einen Elfmeter auch einfach mal in die Mitte chippt und wenn es nicht funktioniert, einfach nochmal macht.
ran: Aber ...
Helmer: Ich glaube, dass das Gesamtpaket Kane einfach doch noch ein bisschen besser ist als Guirassy, weil er einfach für die Mannschaft, meiner Meinung nach, noch mehr macht.
Kane ist einfach sehr komplett. Wenn der mal am Boden liegt, denkt man, der muss jetzt wirklich was haben. Sonst ist der natürlich kaum vom Ball zu trennen oder wegzuchecken. Da merkt man schon seine Herkunft. Die Jahre in der Premier League merkt man ihm da deutlich an.
"Was Kompany da in München macht, ist echt cool"
ran: Beide Trainer haben eine interessante Bundesliga-Bilanz gegen den anstehenden Gegner. Vincent Kompany konnte als Bayern-Trainer noch nicht gegen den BVB gewinnen, Kovac' Bilanz als Trainer gegen den FC Bayern in der Bundesliga sind sieben Niederlagen und zwei Remis. Wer wird sich hier den ersten Sieg sichern können?
Helmer: Im Umkehrschluss heißt das ja fast, einer von beiden hat ein Erfolgserlebnis am Samstag (lacht). Es sei denn, sie spielen unentschieden, wovon ich mal wieder ausgehe. Das wäre das, was ich tippen würde.
Ich glaube, was Kompany da in München macht, ist echt cool. Er moderiert das sehr souverän. Ich habe ihn noch nie ausflippen oder sich beklagen sehen. Ich bleibe dabei, und das gilt für beide Trainer, sie haben selbst gespielt, sie wissen, was in einem Spieler in bestimmten Situationen vorgeht. Sie können sich gut in sie hineinversetzen.
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Bei Niko Kovac war es so, dass ein paar Basics wie Mentalität oder Disziplin für ihn sehr, sehr wichtig sind. Und die musste er in Dortmund erst einmal wieder geraderücken. Und dann hat er auch den Erfolg.
Beide sind unterschiedlich von ihrer Art her, aber sie haben bei großen Vereinen gespielt und wissen natürlich, was sie da tun. Und ich glaube, da ist die Erfahrung wichtig.
Nico Schlotterbeck definitiv einer für den FC Bayern
ran: Großes Thema ist aktuell Nico Schlotterbeck. Bleibt er beim BVB, geht er zu den Bayern? Wie schätzen sie die Situation ein?
Helmer: Ich weiß gar nicht, wie die Fragestellung um Schlotterbeck überhaupt entstanden ist. Er ist Nationalspieler, er ist Linksfuß, er ist Innenverteidiger. Wer braucht den nicht?
ran: Lars Ricken sprach neulich davon, dass nicht nur das Gehalt eine Rolle spielen würde, sondern auch die Perspektive und das Vertrauen. Wäre das ein Punkt, der für den BVB spricht?
Helmer: Den Punkt Wertschätzung kann ich noch verstehen. Ich glaube schon, dass sich Nico Schlotterbeck seinen Status in Dortmund und auch in der Nationalmannschaft erarbeitet hat. Das hat man ja gesehen. Wenn Julian Nagelsmann ihn sofort nach einer Verletzung wieder dazu holt und spielen lässt, sagt das ja relativ viel aus. Deswegen brauchen wir über die Qualitäten, die er hat, nicht zu diskutieren.
Ich habe immer sehr viel Potenzial bei ihm gesehen, ich fand eine Zeit lang, dass er es nicht so ausgeschöpft hat, aber mittlerweile ist es viel, viel besser geworden. Und ich betone noch einmal: Linksfuß, Innenverteidiger, der auch auf der linken Seite hinten spielen kann, da gibt es nicht allzu viele von. Und deswegen ist er eben auch so begehrt. Aber ob das, was Lars Ricken sagt, reichen wird, wage ich am Ende dann doch zu bezweifeln.
Thomas Helmer rechnet den Bayern Chancen in der Champions League aus
ran: Also würden sie sagen, dass er von seiner ganzen Spielanlage perfekt zu den Bayern und zu Jonathan Tah in die Innenverteidigung passen würde?
Helmer: Das würde auf jeden Fall passen, klar. Sie kennen sich ja auch schon von der Nationalmannschaft. Also ja, natürlich. Wobei Upamecano noch nicht weg ist bei den Bayern. Das darf man nicht vergessen.
ran: Was glauben sie denn, wer dieses Jahr Meister wird?
Helmer: Also wenn die Bayern dieses Jahr so weiter spielen ... Wenn sie das Spiel am Samstag gewinnen, sind sie schon sieben Punkte weg. Dann ist es für mich relativ klar, dass sie das machen.
ran: Würden sie dem FC Bayern dieses Jahr auch den Champions-League-Titel zutrauen?
Helmer: Der ein oder andere hat ja gesagt, da kommen sie erstmal nicht hin. Das würde ich jetzt nicht sehen. Wenn natürlich alle gesund sind, der Kader steht und sie weiter diese sehr gute Form so stark mitnehmen können, dann haben sie auch in der Champions League durchaus eine Chance.
Wobei das immer tricky ist. Letztes Jahr hatten sie viele Verletzte, als es gegen Inter ging. Und vielleicht auch nicht ihren besten Tag, sonst wären sie da auch schon relativ weit gekommen. Von daher traue ich den Bayern schon eine gute Rolle in der Champions League zu.