Finale von München
Champions League - Paris Saint-Germain nach dem langersehnten Triumph: Der Anfang ist gemacht
- Veröffentlicht: 01.06.2025
- 21:30 Uhr
- Marcus Giebel
In München gewinnt Paris Saint-Germain erstmals die Champions League und holt den Titel, nach dem Klub und Besitzer so lange lechzten. Aber was kommt nun? Doppeltorschütze Desire Doue spricht aus, was viele denken.
Von Marcus Giebel
Desire Doue bewies am Abend des Champions-League-Finales von München, dass er nicht nur das Spiel auf dem Rasen verstanden hat. Sondern auch jenes abseits davon. An den Mikrofonen.
Nachdem der junge Stürmer von Paris Saint-Germain mit zwei Toren entscheidenden Anteil am 5:0 über Inter Mailand hatte, ließ er jenen Satz fallen, den Zuschauer und Experten erwartet und die Konkurrenz wohl befürchtet hatte. "Wir haben Geschichte geschrieben und das ist erst der Anfang", betonte Doue nach seiner ersten Saison in Paris und auch in der Champion League.
Heißt also: Da kommt noch mehr, zieht euch warm an. Was im Moment des Triumphes natürlich gerne mal vollmundig angekündigt wird. Doch in der großen Fußballwelt wird sich wohl kaum jemand finden, der an diesen selbstbewussten Worten des 19-Jährigen zweifelt.
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Zu dominant präsentierte sich PSG in der Allianz Arena, das Austragungsort eines historischen Finales wurde: Nie zuvor gewann eine Mannschaft mit fünf Toren Vorsprung, seit Benfica Lissabons 5:3 über Real Madrid vor 63 Jahren im Vorgänger-Wettbewerb Europapokal der Landesmeister traf kein Team mehr so oft binnen 90 Final-Minuten.
Und der bemitleidenswerte Inter-Torwart Yann Sommer hätte ja gut und gerne noch öfter hinter sich greifen können. Die Chancen für weitere Treffer waren da. Letztlich konnten die hoffnungslos überforderten Italiener von Glück reden, als das Spiel vorbei war und Schiedsrichter Istvan Kovacs sich und vor allem ihnen jegliche Nachspielzeit ersparte.
Das Wichtigste in Kürze
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Das Duell der Gegensätze spiegelte sich aber nicht nur im reinen Ergebnis wider. Denn während die unterlegenen Nerazzurri nicht nur alt aussahen, sondern tatsächlich vor einem Umbruch stehen dürften, haben viele wichtige PSG-Profis das beste Fußballeralter noch vor sich.
Der schon erwähnte Doue wird an diesem Dienstag 20 Jahre jung. Mittelfeldmotor Joao Neves feiert im September seinen 21. Geburtstag. Zur Abwehrkette zählen mit dem einstigen Frankfurter Willian Pacho und Nuno Mendes ein 23- und ein 22-Jähriger.
Und der im Winter aus Neapel geholte Khvicha Kvaratskhelia, seit dessen Ankunft das Team nochmal einen entscheidenden Sprung gemacht hat, ist auch erst 24 Jahre alt. Die Final-Startelf kam auf ein Durchschnittsalter von 24,8 Jahren. Lediglich Kapitän Marquinhos dürfte mit seinen 31 Jahren auf jede Ü30-Party.
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Hinzu kamen weitere große Talente. So brachte Luis Enrique im Laufe der Partie die beiden 19-jährigen Warren Zaire-Emery und Senny Mayulu, der zwei Minuten später den Endstand herstellte. Auch die ebenfalls eingewechselten Bradley Barcola und Goncalo Ramos sind gerade mal 22 und 23 Jahre alt.
Genug Zahlen, um festzustellen: Dieser Mannschaft sollte, dürfte und müsste die Zukunft gehören. Auch wenn selbst Klub-Boss Nasser Al-Khelaifi wohl zumindest hinter vorgehaltener Hand zugeben dürfte, dass es für PSG bei der Henkelpott-Mission nicht immer wie geschmiert lief.
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So verlor das Team gleich drei Vorrundenspiele – darunter auch eines in der Allianz Arena beim 0:1 gegen den FC Bayern München –, benötigte gegen den Ligaphasen-Primus FC Liverpool im Achtelfinale nicht nur einen Auswärtssieg, sondern auch das Elfmeterschießen und stolperte eine Runde später bei Aston Villa trotz zwischenzeitlicher Gesamtführung von 5:1 nach drei Gegentoren bis zur 57. Minute mehr schlecht als recht über die Ziellinie.
Vielleicht machte sich gerade in dieser Partie bei den "Villans" auch der Nachteil der Jugend bemerkbar: die mangelnde Erfahrung. Doch letztlich gingen Ousmane Dembele & Co. gestärkt aus diesem zum Vabanquespiel mutierten Auftritt hervor.
Entzündete sich im Moment des erlösenden Abpfiffs in Birmingham letztlich sogar der entscheidende Funke, der zur Leistungsexplosion in den folgenden Spielen gegen den FC Arsenal und Inter führte und damit den großen Triumph möglich machte?
Beim Blick auf die Zahlen wird jedenfalls deutlich, dass PSG zwar bei fast allen Statistiken weit vorne landet, aber selten die Topwerte auflegt. Zumindest, wenn die Zahlen in Relation zur Anzahl der Spiele betrachtet werden.
Unerreicht sind etwa die 20,8 Dribblings pro Partie. Die 38 Tore werden nur vom FC Barcelona überboten, der für seine 43 Treffer aber auch drei Spiele weniger benötigte. Bei den Abschlüssen pro Partie muss sich PSG hinter den Bayern anstellen, die es im Durchschnitt 20,4 Mal versuchten, während die Franzosen auf einen Wert von 19 kamen.
Defensiv ragte Pacho heraus, der unerreichte 124 Bälle eroberte. Dahinter folgt Marquinhos mit 109, auch Platz drei ist zu zwei Dritteln in PSG-Hand: Joao Neves und Nuno Mendes luchsten dem Gegner ebenso wie Bayerns Minjae Kim 87 Mal das Leder ab.
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Mit der erfolgreichen Balljagd schnürten sie auch Inter die Luft zum Atmen ab. Und das von Beginn an. So analysierte Luis Enrique nach dem Gewinn seines zweiten Champions-League-Titels zufrieden: "Wir sind gut reingekommen, unser Pressing war der Wahnsinn. Und wir haben zusammen gearbeitet."
Paris scheint also alle Zutaten für eine goldene Zukunft in der Hand zu haben. Am Ende der erfolgreichsten Saison der durchaus ruhmreichen Klubgeschichte, in der das Triple gefeiert werden darf.
Die titelreichste Phase ist natürlich untrennbar mit drei Buchstaben verbunden: QSI. 2004 wurde Qatar Sports Investments von der katarischen Regierung mit dem Ziel ins Leben gerufen, sich weltweit im Sport zu engagieren und den einen oder anderen Dollar zu verdienen.
Als die dem Staatsfonds nahestehende Gesellschaft im Mai 2011 bei PSG einstieg, hatte Doue noch nicht mal seinen sechsten Geburtstag gefeiert und durfte allenfalls davon träumen, einmal in einem Champions-League-Finale zu stehen und womöglich sogar zu treffen.
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Seither jagten Al-Khelaifi, QSI und damit Katar diesem ganz großen Ziel vergeblich hinterher. Während all der Jahre, in denen Doue seine Kindheit und Jugend verlebte und in Rennes seine fußballerische Ausbildung genoss, hagelte es in der Hauptstadt zwar Titel auf Titel – unter anderem elf Meisterschaften und acht Pokalsiege –, doch das Sehnsuchtsziel Henkelpott blieb unerreicht.
Bis zu diesem Samstag in München. Die Voraussetzungen für eine Wiederholung könnten besser kaum sein. Aber auch in Paris wissen sie, dass es Garantien nur auf Waschmaschinen gibt.
Dennoch ist stark davon auszugehen, dass der nächste Champions-League-Sieger im PSG-Trikot heute nicht noch seine ganze Schullaufbahn vor sich hat.
Nicht nur Doue weiß: Der Anfang ist gemacht. Und er ist vielversprechend.